Maerchen.org - Wie der Hofmeister angekommen war und die Kinder sich vor ihm fürchteten
Impressum

   Märchen von ...
   Gebrüder Grimm
   Ludwig Bechstein
   Wolf
   Hans Christian Andersen
   Hauff
   ETA Hoffmann
   Tausendundeine Nacht


   Märchen aus aller Welt
   neuere Märchen

   beliebte Märchen
   Schneewittchen
   Dornröschen
   Rapunzel
   Rotkäppchen
   Aschenputtel
   Hänsel und Gretel
   Bremer Stadtmusikanten
   Der Froschkönig
   Das hässliche Entlein


   Alice im Wunderland
   illustriert
   und auf englisch




   Links ins Internet
   Märchenseiten
   Literaturseiten
   Internetseiten



Das fremde Kind

Kapitel 11: Wie der Hofmeister angekommen war und die Kinder sich vor ihm fürchteten, Seite 1 ( von 2 )
ETA Hoffmann

In vollem Sprunge eilten Felix und Christlieb nach Hause, indem sie unaufhörlich riefen: "Ach, das fremde Kind ist ein schöner Prinz!" - "Ach, das fremde Kind ist eine schöne Prinzessin!" Sie wollten das jauchzend den Eltern verkünden, aber wie zur Bildsäule erstarrt, blieben sie in der Haustüre stehen, als ihnen Herr Thaddäus von Brakel entgegentrat und an seiner Seite einen fremden verwunderlichen Mann hatte, der halb vernehmlich in sich hineinbrummte: "Das sind mir saubere Rangen!" - "Das ist der Herr Hofmeister," sprach Herr von Brakel, indem er den Mann bei der Hand ergriff, "das ist der Herr Hofmeister, den euch der gnädige Onkel geschickt hat. Grüßt ihn fein artig!" - Aber die Kinder sahen den Mann von der Seite an und konnten sich nicht regen und bewegen. Das kam daher, weil sie solch eine wunderliche Gestalt noch niemals geschaut. Der Mann mochte kaum mehr als einen halben Kopf höher sein als Felix, dabei war er aber untersetzt; nur stachen gegen den sehr starken breiten Leib die kleinen, ganz dünnen Spinnenbeinchen seltsam ab. Der unförmliche Kopf war beinahe viereckig zu nennen, und das Gesicht fast gar zu hässlich, denn außerdem, dass zu den dicken braunroten Backen und dem breiten Maule die viel zu lange spitze Nase gar nicht passen wollte, so glänzten auch die kleinen hervorstehenden Glasaugen so graulich, dass man ihn gar nicht gern ansehen mochte. Übrigens hatte der Mann eine pechschwarze Perücke auf den viereckigen Kopf gestülpt, war auch von Kopf bis zu Fuß pechschwarz gekleidet und hieß: Magister Tinte. Als nun die Kinder sich nicht rückten und rührten, wurde die Frau von Brakel böse und rief: "Potztausend, ihr Kinder, was ist denn das? Der Herr Magister wird euch für ganz ungeschliffene Bauernkinder halten müssen. - Fort! gebt dem Herrn Magister fein die Hand!" Die Kinder ermannten sich und taten, was die Mutter befohlen, sprangen aber, als der Magister ihre Hände fasste, mit dem lauten Schrei: "O weh, o weh!" zurück. Der Magister lachte hell auf und zeigte eine heimlich in der Hand versteckte Nadel vor, womit er die Kinder, als sie ihm die Hände reichten, gestochen. Christlieb weinte, Felix aber grollte den Magister von der Seite an: "Versuche das nur noch einmal, kleiner Dickbauch." - "Warum taten Sie das, lieber Herr Magister Tinte?" fragte etwas missmutig der Herr von Brakel. Der Magister erwiderte: "Das ist nun einmal so meine Art, ich kann davon gar nicht lassen." Und dabei stemmte er beide Hände in die Seite und lachte immerfort, welches aber zuletzt so widerlich klang wie der Ton einer verdorbenen Schnarre. "Sie scheinen ein spaßhafter Mann zu sein, lieber Herr Magister Tinte", sprach der Herr von Brakel, aber ihm sowohl als der Frau von Brakel, vorzüglich den Kindern wurde ganz unheimlich zumute. "Nun, nun," rief der Magister, "wie steht's denn mit den kleinen Krabben, schon tüchtig in den Wisschenschaften vorgerückt? - Wollen doch gleich sehen." - Damit fing er an, den Felix und die Christlieb so zu fragen, wie es der Onkel Graf mit seinen Kindern getan. Als nun aber beide versicherten, dass sie die Wissenschaften noch gar nicht auswendig wüssten, da schlug der Magister Tinte die Hände über dem Kopf zusammen, dass es klatschte, und schrie wie besessen: "Das ist was Schönes! - keine Wissenschaften. - Das wird Arbeit geben! Wollen's aber schon kriegen!" Felix sowie Christlieb, beide schrieben eine saubere Handschrift und wußten aus manchen alten Büchern, die ihnen der Herr von Brakel in die Hände gab und die sie emsig lasen, manche schöne Geschichte zu erzählen, das achtete aber der Magister Tinte für gar nichts, sondern meinte, das alles wäre nur dummes Zeug. - Ach! nun war an kein In-den-Wald-laufen mehr zu denken! - Statt dessen mussten die Kinder beinahe den ganzen Tag zwischen den vier Wänden sitzen und dem Magister Tinte Dinge nachplappern, die sie nicht verstanden. Es war ein wahres Herzeleid! - Mit welchen sehnsuchtsvollen Blicken schauten sie nach dem Walde!

Seite: Seite 1 - Wie der Hofmeister angekommen war und die Kinder sich vor ihm fürchteten   Seite 2 - Wie der Hofmeister angekommen war und die Kinder sich vor ihm fürchteten

Kapitel -

Der Herr von Brakel auf Brakelheim
Der vornehme Besuch
Wie es weiter bei dem vornehmen Besuche herging
Die neuen Spielsachen
Was sich mit den neuen Spielsachen im Walde zutrug
Das fremde Kind
Wie das fremde Kind mit Felix und Christlieb spielte
Was der Herr von Brakel und die Frau von Brakel zu dem fremden Kinde sagten
Von der Heimat des fremden Kindes
Von dem bösen Minister am Hofe der Feenkönigin
Wie der Hofmeister angekommen war
Wie die Kinder mit dem Herrn Magister Tinte im Walde spazieren gingen
Wie der Herr von Brakel den Magister Tinte fortjagte
Was sich weiter im Walde begab
Beschluss






Maerchen.org
copyright © 2007, camo & pfeiffer



Märchensammlung - Das fremde Kind, Wie der Hofmeister angekommen war und die Kinder sich vor ihm fürchteten