|
Das
fremde Kind
Kapitel 10: Von dem bösen Minister am Hofe der Feenkönigin, Seite 2 (
von 2 )
ETA Hoffmann
Er hatte der Königin vorgespielt, dass er die Kinder erst recht lustig und
gescheit machen wollte, statt dessen hing er sich zentnerschwer an den Schweif
der Fasanen, so dass sie sich nicht aufschwingen konnten, zog er die Kinder,
wenn sie auf Rosenbüschen hinaufkletterten, bei den Beinen herab, dass sie
sich die Nasen blutig schlugen, zwang er die, welche lustig laufen und springen
wollten, auf allen vieren mit zur Erde gebeugtem Haupte herumzukriechen. Den
Sängern stopfte er allerlei schädliches Zeug in die Schnäbel,
damit sie nur nicht singen sollten, denn Gesang konnte er nicht ausstehen, und
die armen zahmen Tierchen wollte er, statt mit ihnen zu spielen, auffressen,
denn nur dazu, meinte er, wären sie da. Das abscheulichste war aber wohl,
dass er mit Hilfe seiner Gesellen die schönen funkelnden Edelsteine des
Palastes, die bunt schimmernden Blumen, die Rosen und Lilienbüsche, ja
selbst den glänzenden Regenbogen mit einem ekelhaften schwarzen Saft zu
überziehen wusste, so dass alle Pracht verschwunden und alles tot und
traurig anzusehen war. Und wie er dies vollbracht, erhob er ein schallendes
Gelächter und schrie, nun sei erst alles so, wie es sein solle, denn er
habe es beschrieben. Als er nun vollends erklärte, dass er meine Mutter
nicht als Königin anerkenne, sondern dass ihm allein die Herrschaft
gebühre, und sich in der Gestalt einer ungeheuren Fliege mit blitzenden
Augen und vorgestrecktem scharfen Rüssel emporschwang in abscheulichem
Summen und Brausen auf den Thron meiner Mutter, da erkannte sie sowie alle,
dass der hämische Minister, der sich unter dem schönen Namen
Pepasilio eingeschlichen, niemand anders war, als der finstere mürrische
Gnomenkönig Pepser. Der Törichte hatte aber die Kraft sowie die
Tapferkeit seiner Gesellen viel zu hoch in Anschlag gebracht. Die Minister des
Luftdepartements umgaben die Königin und fächelten ihr
süße Düfte zu, indem die Minister des Feuerdepartements in
Flammenwogen auf und nieder rauschten und die Sänger, deren Schnäbel
gereinigt, die volltönendsten Gesänge anstimmten, so dass die
Königin den hässlichen Pepser weder sah noch hörte, noch seinen
vergifteten übelriechenden Atem spürte. In dem Augenblick auch fasste
der Fasanenfürst den bösen Pepser mit dem leuchtenden Schnabel und
drückte ihn so gewaltig zusammen, dass er vor Wut und Schmerz laut
aufkreischte, dann ließ er ihn aus der Höhe von dreitausend Ellen
zur Erde niederfallen. Er konnte sich nicht regen und bewegen, bis auf sein
wildes Geschrei seine Muhme, die große blaue Kröte, herbeikroch, ihn
auf den Rücken nahm und nach Hause schleppte. Fünfhundert lustige
kecke Kinder erhielten tüchtige Fliegenklatschen, mit denen sie Pepers
hässliche Gesellen, die noch umherschwärmten und die schönen
Blumen verderben wollten, totschlugen. Sowie nun Pepser fort war, zerfloss der
schwarze Saft, womit er alles überzogen, von selbst, und bald blühte
und glänzte und strahlte alles so herrlich und schön wie zuvor. Ihr
könnt denken, dass der garstige Pepser nun in meiner Mutter Reich nichts
mehr vermag, aber er weiß, dass ich mich oft hinauswage, und verfolgt
mich rastlos unter allerlei Gestalten, so dass ich ärmstes Kind oft auf
der Flucht nicht weiß, wo ich mich hin verbergen soll, und darum, ihr
lieben Gespielen, entfliehe ich oft so schnell, dass ihr nicht spürt, wo
ich hingekommen. Dabei muss es denn auch bleiben, und wohl kann ich euch sagen,
dass, sollte ich es auch unternehmen, mich mit euch in meine Heimat zu
schwingen, Pepser uns gewiss aufpassen und uns totmachen würde."
Christlieb weinte bitterlich über die Gefahr, in der das fremde Kind immer
schweben musste. Felix meinte aber: "Ist der garstige Pepser weiter nichts
als eine große Fliege, so will ich ihm mit Papas großer
Fliegenklatsche schon zu Leibe gehn, und habe ich ihm eins tüchtig auf die
Nase versetzt, so mag Muhme Kröte zusehen, wie sie ihn nach Hause
schleppt."
|
|