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Die Geschichte
von Kalif Storch
Märchen von Wilhelm Hauff, Seite 1 ( von 7 )
Der Kalif Chasid zu Bagdad saß einmal an einem schönen Nachmittag
behaglich auf seinem Sofa; er hatte ein wenig geschlafen, denn es war ein
heißer Tag, und sah nun nach seinem Schläfchen recht heiter aus. Er
rauchte aus einer langen Pfeife von Rosenholz, trank hie und da ein wenig
Kaffee, den ihm ein Sklave einschenkte, und strich sie allemal vergnügt
den Bart, wenn es ihm geschmeckt hatte. Kurz, man sah dem Kalifen an, dass es
ihm recht wohl war. Um diese Stunde konnte man gar gut mit ihm reden, weil er
da immer recht mild und leutselig war, deswegen besuchte ihn auch sein
Großvezier Mansor alle Tage um diese Zeit. An diesem Nachmittag nun kam
er auch, sah aber sehr nachdenklich aus, ganz gegen seine Gewohnheit. Der Kalif
tat die Pfeife ein wenig aus dem mund und sprach: "Warum machst Du ein so
nachdenkliches Gesicht, Großvezier?"
Der Großvezier schlug seine Arme kreuzweise über die Brust,
verneigte sich vor seinem Herrn und antwortete: "Herr! Ob ich ein
nachdenkliches Gesicht mache, weiß ich nicht, aber da unten am Schloss
steht ein Krämer, der hat so schöne Sachen, dass es mich ärgert,
nicht viel überflüssiges Geld zu haben."
Der Kalif, der seinen Großverzier schon lange gern eine Freude gemacht
hätte, schickte seinen schwarzen Sklaven hinunter, um den Krämer
herauf zu holen. Bald kam der Sklave hinunter, um den Krämer herauf zu
holen. Bald kam der Sklave mit dem Krämer zurück. Dieser war ein
kleiner dicker Mann, schwarzbraun im Gesicht und in zerlumpten Anzug. Er trug
einen Kasten in welchem er allerhand Waren hatte. Perlen und Ringe,
reichbeschlagene Pistolen, Becher und Kämme. Der Kalif und sein Verzier
musterten alles durch, und der Kalif kaufte endlich für sich und Mansor
schöne Pistolen, für die Frau des Veziers aber einen Kamm. Als der
Krämer seinen Kasten eigentlich schon wieder zusammen machen wollte, sah
der Kalif eine kleine Schublade, und fragte, ob da auch noch Waren seien. Der
Krämer zog die Schublade heraus und zeigte darin eine Dose mit
schwärzlichem Pulver und ein Papier mit sonderbarer Schrift, die weder der
Kalif noch Mensor lesen konnten. "Ich bekam einmal diese zwei Stücke
von einem Kaufmann, der sie in Mecca auf der Straße fand, " sagte
der Krämer, "ich weiß nicht, was sie enthalten; Euch stehen sie
zum geringen Preis zu Dienst, ich kann doch nichts damit anfangen." Der
Kalif, der in seiner Bibliothek gerne alte Manuskripte hatte, wenn er sie auch
nicht lesen konnte, kaufte Schrift und Dose und entließ den Krämer.
Der Kalif aber dachte, er möchte gern wissen, was die Schrift enthalte,
und fragte den Vezier, ob er keinen kenne, der es entziffern könnte.
"Gnädigster Herr und Gebieter," antwortete dieser, "an der
großen Moschee wohnt ein Mann; er heißt Selim der Gelehrte, der
versteht alle Sprachen, lass ihn kommen, vielleicht kennt er diese
geheimnisvollen Züge."
Der gelehrte Selim war bald herbeigeholt. "Selim," sprach zu ihm der
Kalif, "Selim, man sagt, Du seiest sehr gelehrt; guck einmal ein wenig in
diese Schrift, ob Du sie lesen kannst, kannst Du sie lesen, so bekommst Du ein
neues Festkleid von mir, kannst du es nicht, so bekommst Du zwölf
Backenstreiche und fünfundzwanzig auf die Fußsohlen, weil man Dich
dann umsonst Selim den Gelehrten nennt." Selim verneigte sich und sprach:
"Dein Wille geschehe, o Herr!" Lange betrachtete er die Schrift,
plötzlich aber rief er aus: "Das ist Lateinisch, o Herr, oder ich
lass mich hängen." "Sag' was drinnen steht," befahl der
Kalif, "wenn es Lateinisch ist."
Selim fing an zu übersetzen: "Mensch, der Du "dieses findest,
preise Allah für seine Gnade. Wer von "dem Pulver in dieser Dose
schnupft und dazu spricht: "Mutabor, der kann sich in jedes Tier
verwandeln, und versteht auch die Sprache der Tiere. Will er wieder in seine
menschliche Gestalt zurückkehren, so neige er sich dreimal gegen Osten und
spreche jenes Wort.
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