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Die Geschichte von Kalif Storch

Märchen von Wilhelm Hauff, Seite 5 ( von 7 )

"Da sollst Du bleiben, hässlich, selbst von den Tieren verachtet, bis an Dein Ende, oder bis einer aus freiem Willen Dich, selbst in dieser schrecklichen Gestalt, zur Gattin begehrt. So räche ich mich an Dir und Deinem stolzen Vater."
"Seitdem sind viele Monate verflossen. Einsam und traurig lebe ich als Einsiedlerin in diesem Gemäuer, verabscheut von der Welt, selbst den Tieren ein Gräuel; die schöne Natur ist vor mir verschlossen, denn ich bin blind am Tage, und nur, wenn der Mond sein bleiches Licht über die Gemäuer ausgießt, fällt der verhüllende Schleier von meinem Auge."
Die Eule hatte geendet, und wischte sich mit dem Flügel wieder die Augen aus, denn die Erzählungen ihrer Leiden hatte ihr Tränen entlockt.
Der Kalif war bei der Erzählung der Prinzessin in tiefes Nachdenken versunken. "Wenn mich nicht Alles täuscht, " sprach er, "so findet zwischen unserem Unglück ein geheimer Zusammenhang statt; aber wo finde ich den Schlüssel zu diesem Rätsel?" Die Eule antwortete ihm: "O Herr! Auch mir ahnet dies; denn es ist mir einst in meiner frühesten Jugend von einer weisen Frau prophezeit worden, dass ein Storch mir ein großes Glück bringen werde, und ich wüsste vielleicht, wie wir uns retten könnten." Der Kalif war sehr erstaunt und fragte, auf welchem Weg sie meine. Der Zauberer, der uns Beide unglücklich gemacht hat," sagte sie, "kommt alle Monate einmal in diese Ruinen. Nicht weit von diesem Gemach ist ein Saal. Dort pflegt er dann mit vielen Genossen zu schmausen. Schon oft habe ich sie dort belauscht. Sie erzählten dann einander ihre schändlichen Werke, vielleicht dass er dann das Zauberwort, das Ihr vergessen habt, ausspricht." "O teuerste Prinzessin," rief der Kalif, "sag an, wann kommt er, und wo ist der Saal?"
Die Eule schwieg einen Augenblick und sprach dann. "Nehmet es nicht ungütig, aber nur unter einer Bedingung kann ich Euren Wunsch erfüllen." "Sprich aus! Sprich aus!" schrie Chasid. "Befiel, es ist mir jede recht."
"Nämlich ich möchte auch gerne zugleich frei sein, dies kann aber nur geschehen, wenn einer von Euch mir seine Hand reicht."
Die Störche schienen über den Antrag etwas betroffen zu sein, und der Kalif winkte seinem Diener, ein wenig mit ihm hinaus zu gehen.
"Großvezier," sprach vor der Türe der Kalif, "das ist ein dummer Handel, aber Ihr könntet sie schon nehmen."
"So?" antwortete dieser, "dass mir meine Frau, wenn ich nach Hause komme, die Augen auskratzt? Auch bin ich ein alter Mann, und Ihr seid noch jung und unverheiratet und könntet eher einer jungen schönen Prinzessin die Hand geben."
"Das ist es eben," seufzte der Kalif, indem er traurig die Flügel hängen ließ, "wer sagt Dir denn, dass sie jung und schön ist? Das heißt eine Katze im Sack kaufen!"
Sie redeten einander gegenseitig noch lange zu, endlich aber, als der Kalif sah, dass sein Verzier lieber Storch bleiben, als die Eule heiraten wollte, entschloss er sich, die Bedingung lieber selbst zu erfüllen. Die Eule war hocherfreut. Sie gestand ihnen, dass sie zu keiner bessern Zeit hätten kommen können, weil wahrscheinlich in dieser Nacht die Zauberer sich versammeln werden.
Sie verließ mit den Störchen das Gemach, um sie in jenen Saal zu führen, sie gingen lange in einem finstern Gang hin; endlich strahlte ihnen aus einer halbverfallenen Mauer ein heller Schein entgegen. Als sie dort angelangt waren, riet ihnen die Eule, sich ganz ruhig zu verhalten, sie konnten von der Lücke, an welcher sie standen, einen großen Saal übersehen. Er war ringsum mit Säulen geschmückt und prachtvoll verziert. Viele farbige Lampen ersetzten das Licht des Tages.

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