Maerchen.org - Däumelinchen
Impressum

   Märchen von ...
   Gebrüder Grimm
   Ludwig Bechstein
   Wolf
   Hans Christian Andersen
   Hauff
   ETA Hoffmann
   Tausendundeine Nacht


   Märchen aus aller Welt
   neuere Märchen

   beliebte Märchen
   Schneewittchen
   Dornröschen
   Rapunzel
   Rotkäppchen
   Aschenputtel
   Hänsel und Gretel
   Bremer Stadtmusikanten
   Der Froschkönig
   Das hässliche Entlein


   Alice im Wunderland
   illustriert
   und auf englisch




   Links ins Internet
   Märchenseiten
   Literaturseiten
   Internetseiten



Däumelinchen

Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 3 ( von 7 )

Den ganzen Sommer über lebte das arme Däumelinchen ganz allein in dem großen Walde. Sie flocht sich ein Bett aus Grashalmen und hing es unter einem Klettenblatte auf, so war sie vor dem Regen geschützt; sie pflückte das süße der Blumen zur Speise und trank vom Tau, der jeden Morgen auf den Blättern lag. So verging Sommer und Herbst. Aber nun kam der Winter, der kalte, lange Winter. Alle Vögel, die so schön vor ihr gesungen hatten, flogen davon, Bäume und Blumen verdorrten; das große Klettenblatt, unter dem sie gewohnt hatte, schrumpfte zusammen und es blieb nichts als ein gelber verwelkter Stängel zurück. Däumelinchen fror schrecklich, denn ihre Kleider waren entzwei und sie war selbst so fein und klein, sie musste erfrieren. Es fing an zu schneien, und jede Schneeflocke, die auf sie fiel, war, als wenn man auf uns eine ganz Schaufel voll wirft, denn wir sind groß, und sie war nur einen Zoll lang. Da hüllte sie sich in ein verdorrtes Blatt ein, aber das wollte nicht wärmen, sie zitterte vor Kälte.
Dicht vor dem Walde, wohin sie nun gekommen war, lag ein großes Kornfeld, aber das Korn war schon lange abgeschnitten, nur die nackten trocknen Stoppeln standen aus der gefrorenen Erde hervor. Sie waren gerade wie ein ganzer Wald für sie zu durchwandern und sie zitterte vor Kälte! Da gelangte sie vor die Türe der Feldmaus, die ein kleines Loch unter den Kornstoppeln hatte. Da wohnte die Feldmaus warm und gut, hatte die ganze Stube voll Korn, eine herrliche Küche und Speisekammer. Das arme Däumelinchen stellte sich in die Türe, gerade wie jedes andere arme Bettelmädchen, und bat um ein kleines Stück von einem Gerstenkorn, denn sie hatte in zwei Tagen nicht das Mindeste zu essen gehabt.
"Du kleines Wesen!" Sagte die Feldmaus, denn im Grunde war es eine gute alte Feldmaus, "komm herein in meine warme Stube und iss mit mir!"
Da ihr nun Däumelinchen gefiel, sagte sie: "Du kannst den Winter über bei mir bleiben, aber du musst meine Stube sauber und rein halten und mit Geschichten erzählen, denn die liebe ich sehr." Däumelinchen tat, was die gute alte Feldmaus verlangte, und hatte es außerordentlich gut.
"Nun werden wir bald Besuch erhalten!" sagte die Feldmaus. "Mein Nachbar pflegt mich wöchentlich einmal zu besuchen. Er steht sich noch besser als ich, hat große Säle und trägt einen schönen schwarzen Samtpelz! Wenn du den zum Manne bekommen könntest, so wärest du gut versorgt; aber er kann nicht sehen. Du musst ihm die niedlichsten Geschichten erzählen, die du weißt!"
Aber darum kümmerte sich Däumelinchen nicht, sie mochte den Nachbar gar nicht haben, denn er war ein Maulwurf.
Er kam und stattete den Besuch in seinem schwarzen Samtpelz ab. Er sei reich und gelehrt, sagte die Feldmaus; seine Wohnung war auch zwanzigmal größer als die der Feldmaus. Gelehrsamkeit besaß er, aber die Sonne und die schönen Blumen mochte er gar nicht leiden, von diesen sprach er schlecht, denn er hatte sie noch nie gesehen.
Däumelinchen musste singen, und sie sang: "Maikäfer, fliege!" und "Geht der Pfaffe auf das Feld." Da wurde der Maulwurf in sie, der schönen Stimme wegen, verliebt, aber er sagte nichts, er war ein besonnener Mann.
Er hatte sich vor kurzem einen langen Gang durch die Erde von seinem bis zu ihrem Hause gegraben; in diesem erhielten die Feldmaus und Däumelinchen die Erlaubnis, zu spazieren, soviel sie wollten. Aber er bat sie, sich nicht von dem toten Vogel zu fürchten, der in dem Gange liege; es war ein ganzer Vogel mit Federn und Schnabel, der sicher erst kürzlich gestorben und nun begraben war, gerade wo er seinen Gang gemacht hatte.

Seite: Seite 1 - Däumelinchen   Seite 2 - Däumelinchen   Seite 3 - Däumelinchen   Seite 4 - Däumelinchen   Seite 5 - Däumelinchen   Seite 6 - Däumelinchen   Seite 7 - Däumelinchen






Maerchen.org
copyright © 2007, camo & pfeiffer



Märchensammlung - Däumelinchen