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Der Sandmann

Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 6 ( von 7 )

"Sie haben doch nicht unsern Grünkohl!" sagte die Henne."Ich war einen Sommer mit allen meinen Küken auf dem Lande, da war eine Sandgrube, in der wir gehen und kratzen konnten, und dann hatten wir Zutritt zu einem Garten mit Grünkohl! O wie war der grün! Ich kann mir nichts Schöneres denken!"
Aber der eine Kohlstrunk sieht gerade so aus wie der andere" sagte die Schwalbe, "und dann ist hier oft schlechtes Wetter!"
"Ja, daran ist man gewöhnt!"
"Aber hier ist es kalt, es friert!"
"Das ist gut für den Kohl!" sagte die Henne. "Übrigens können wir es auch warm haben. Hatten wir nicht vor Jahren einen Sommer, so heiß, dass man kaum atmen konnte? Dann haben wir nicht alle die giftigen tiere, die sie dort haben, und wir sind von Räubern befreit! Der ist ein Bösewicht, der nicht findet, dass unser Land das schönste ist; er verdient wahrscheinlich nicht hier zu sein!" Und dann weinte die Henne und fuhr fort: "Ich bin auch gereist! Ich bin einmal über zwölf Meilen gefahren! Es ist durchaus kein Vergnügen beim Reisen!"
"Ja, die Henne ist eine vernünftige Frau!" sagte die Puppe Bertha. "Ich halte nichts davon, Berge zu bereisen, denn das geht nur hinauf und dann wieder herunter! Nein, wir wollen nach der Sandgrube hinausziehen und im Kohlgarten spazieren!"
Und dabei blieb es.

Sonnabend

"Bekomme ich nun Geschichten zu hören?" fragte der kleine Friedrich, sobald der Sandmann ihn in den Schlaf gebracht hatte. "Diesen Abend haben wir nicht Zeit dazu", sagte der Sandmann und spannte seinen schönsten Regenschirm über ihm auf. "Betrachte nur diese Chinesen!" Der ganze Regenschirm sah aus wie eine große chinesische Schale mit blauen Bäumen und spitzen Brücken und mit kleinen Chinesen darauf, die dastanden und mit dem Kopfe nickten. "Wir müssen die ganze Welt bis morgen schön ausgeputzt haben", sagte der Sandmann; "es ist ja morgen Sonntag. Ich will die Kirchtürme besuchen, um zu sehen, ob die kleinen Kirchenkobolde die Glocken polieren, damit sie hübsch klingen, ich will hinaus auf das Feld gehen und sehen, ob die Winde den Staub von Gras und Blättern blasen, und was die größte Arbeit ist, ich will alle Sterne herunterholen, um sie zu polieren. Ich nehme sie in meine Schürze; aber erst muss ein jeder nummeriert werden, damit sie wieder auf den rechten Fleck kommen, sonst würden sie nicht festsitzen und wir würden zu viele Sternschnuppen bekommen, indem der eine nach dem andern herunterpurzeln würde!"
"Hören, sie, wissen sie was, Herr Sandmann?" sagte ein altes Bild, welches an der Wand hing, wo Friedrich schlief. "Ich bin Friedrichs Urgroßvater; ich danke ihnen, dass sie dem Knaben Geschichten erzählen, aber sie müssen seine Begriffe nicht verdrehen. Die Sterne können nicht heruntergeholt und poliert werden! Die Sterne sind Kugeln, ebenso wie unsere Erde, und das ist gerade das Gute an ihnen." "Ich danke dir du alter Urgroßvater", sagte der Sandmann, "ich danke dir! Du bist ja das Haupt der Familie, du bist das Urhaupt, aber ich bin doch älter als du! Ich bin ein alter Heide; Römer und Griechen nannten mich den Traumgott! Ich bin in die vornehmsten Häuser gekommen und komme noch dahin; ich weiß sowohl mit Geringen wie mit Großen umzugehen! Nun kannst du erzählen!" Und da ging der Sandmann und nahm seinen Regenschirm mit. "Nun darf man wohl seine Meinung gar nicht mehr sagen!" brummte das alte Bild.
Da erwachte Friedrich.

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