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Der Sandmann

Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 3 ( von 7 )

Bald segelte Friedrich durch Wälder, bald durch große Säle oder mitten durch eine Stadt; er kam auch durch die, in welcher sein Kindermädchen wohnte, welches ihn getragen hatte, da er noch ein ganz kleiner Knabe war, und das ihm immer gut gewesen; und sie nickte und winkte und sang den niedlichen kleinen Vers, den sie selbst gedichtet und Friedrich gesandt hatte:

Ich denke Deiner so manches Mal,
Mein treuer Friedrich, Du Lieber!
Ich gab Dir Küsse ja ohne Zahl
Auf Stirne, Mund, Augenlieder.
Ich hörte Dich lallen das erste Wort,
Doch musst' ich Dir Lebewohl sagen.
Es segne der Herr Dich an jedem Ort,
Du Engel, den ich getragen!

Und alle Vögel sangen mit, die Blumen tanzten auf den Stielen und die alten Bäume nickten, gerade als ob der Sandmann ihnen auch Geschichten erzählte.

Mittwoch

Draußen strömte der Regen hernieder! Friedrich konnte es im Schlaf hören, und da der Sandmann ein Fenster öffnete, stand das Wasser gerade herauf bis an das Fensterbrett, es war ein ganzer See da draußen, aber das prächtigste Schiff lag dicht am Hause.
"Willst du mitsegeln, kleiner Friedrich", sagte der Sandmann, " so kannst du diese Nacht in fremde Länder gelangen und morgen wieder hier sein!"
Da stand Friedrich plötzlich in seinen Sonntagskleidern mitten auf dem prächtigen Schiffe, sogleich wurde die Witterung schön und sie segelten durch die Straßen, kreuzten um die Kirche, und nun war Alles eine große wilde See. Sie segelten so lange, bis kein Land mehr zu erblicken war, und sie sahen einen Flug Störche, die kamen auch von der Heimat und wollten nach den warmen Ländern, ein Storch flog immer hinter dem andern, und sie waren schon weit, weit geflogen! Einer von ihnen war so ermüdet, dass seine Flügel ihn kaum noch zu tragen vermochten, es war der allerletzte in der Reihe, und bald blieb er ein großes Stück zurück, zuletzt sank er mit ausgebreiteten Flügeln tiefer und tiefer, er machte noch ein paar Schläge mit den Schwingen, aber es half nichts; nun berührte er mit seinen Füßen das Tauwerk des Schiffes, glitt vom Segel herab, und bums! da stand er auf dem Verdeck.
Da nahm ihn der Schiffsjunge und setzte ihn in das Hühnerhaus zu den Hühnern, Enten und Truthähnen; der arme Storch stand ganz befangen mitten unter ihnen.
"Sie den!" sagten alle Hühner.
Der kalekutische Hahn blies sich so dick auf, wie er konnte, und fragte, wer er sei. Die Enten gingen rückwärts und stießen einander: "Rapple dich, rapple dich!"
Der Storch erzählte vom warmen Afrika, von den Pyramiden und vom Strauße, der einem wilden Pferde gleich die Wüste durchsause; aber die Enten verstanden nicht, was er sagte, und dann stießen sie einander: "Wir sind doch darüber einverstanden, dass er dumm ist?" "Ja, sich ist er dumm!" sagte der kalekutische Hahn, und dann kollerte er. Da schwieg der Storch ganz still und dachte an sein Afrika. "Das sind ja herrlich dünne Beine, die Ihr habt!" sagte die Kalekute. "Was kostet die Elle davon?"
"Skrat, skrat, skrat!" grinsten alle Enten, aber der Storch tat, als ob er es gar nicht höre.

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