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Der Sandmann
Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 4 ( von 7 )
"Ihr könnt immer mitlachen", sagte der Kalekute zu ihm,
"denn es war sehr witzig gesagt, oder war es euch vielleicht zu hoch? Ach,
er ist nicht vielseitig, wir wollen für uns selbst bleiben!" Und dann
gluckte er und die Enten schnatternd: "Gikgak! Gikgak!" Es war
schrecklich, wie sie sich selbst belustigten. Aber Friedrich ging nach dem
Hühnerhause, öffnete die Tür, rief den Storch, und er
hüpfte zu ihm hinaus auf das Verdeck. Nun hatte er ja ausgeruht, und es
war gleichsam, als ob er Friedrich zunickte, um ihm zu danken. Darauf
entfaltete er seine Schwingen und flog nach den warmen Ländern, aber die
Hühner gluckten, die Enten schnatterten und der kalkutische Hahn wurde
ganz feuerrot am Kopfe.
"Morgen werden wir Suppe von euch kochen!" sagte Friedrich, und dann
erwachte er und lag in seinem kleinen Bette. Es war doch eine sonderbare Reise,
die der Sandmann ihn diese Nacht hatte machen lassen!
Donnerstag
"Weißt du was?" sagte der Sandmann. "Sei nur nicht
furchtsam, hier wirst du eine kleine Maus sehen!" Da hielt er ihm seine
Hand mit dem leichten, niedlichen Tiere entgegen. "Sie ist gekommen, um
dich zur Hochzeit einzuladen. Hier sind diese Nacht zwei kleine Mäuse, die
in den Stand der Ehe treten wollen. Sie wohnen unter Deiner Mutter
Speisekammerfußboden; das soll eine schöne Wohnung sein!"
"Aber wie kann ich durch das kleine Mauseloch im Fußboden
kommen?" fragte Friedrich.
"Lass mich nur machen", sagte der Sandmann, "ich werde dich
schon klein bekommen!" Und er berührte Friedrich mit seiner
Zauberspitze, wodurch dieser sogleich kleiner und kleiner wurde; zuletzt war er
keinen Finger lang, "nun kannst du dir die Kleider des Zinnsoldaten
leihen; ich denke, sie werden dir passen, und es sieht gut aus, wenn man
Uniform in Gesellschaft hat!"
"Ja freilich!" sagte Friedrich, und da war er im Augenblick wie der
niedliche Zinnsoldat angekleidet.
"Wollen sie nicht so gut sein und sich in ihrer Mutter Fingerhut
setzen?" sagte die kleine Maus. "Dann werde ich die Ehre haben, sie
zu ziehen!"
"Will sich das Fräulein selbst bemühen!" sagte Friedrich,
und so fuhren sie zur Mäusehochzeit.
Zuerst kamen sie unter den Fußboden in einen langen Gang, der nicht
höher war, als dass sie gerade mit dem Fingerhut dort fahren konnten; und
der ganze Gang war mit faulem Holze erleuchtet. Riecht es hier nicht
herrlich?" sagte die Maus, die ihn zog. "Der ganze Gang ist mit
Speckschwarten geschmiert worden! Es kann nichts Schöneres geben!"
Nun kamen sie in den Brautsaal hinein. Hier standen zur Rechten alle die
kleinen Mäusedamen, die wisperten und zischelten, als ob sie einander zum
Besten hielten; zur Linken standen alle Mäuseherren und strichen sich mit
der Pfote den Schnauzbart. Aber mitten im Saal sah man das Brautpaar, sie
standen in einer ausgehöhlten Käserinde und küssten sich gar
schrecklich viel vor Aller Augen, denn sie waren ja Verlobte und sollten nun
gleich Hochzeit halten. So kamen immer mehr und mehr Fremde; die eine Maus war
nahe daran, die andere tot zu treten, und das Brautpaar hatte sich mitten in
die Türe gestellt, so dass man weder hinaus noch hinein gelangen konnte.
Die ganze Stube war ebenso wie der Gang mit Speckschwarten eingeschmiert, das
war die ganze Bewirtung, aber zum Nachtisch wurde eine Erbse vorgezeigt, in die
eine Maus aus der Familie den Namen des Brautpaars eingebissen hatte, das
heißt den ersten Buchstaben. Das war etwas ganz Außerordentliches.
Alle Mäuse sagten, dass es eine schöne Hochzeit und dass die
Unterhaltung gut gewesen sei.
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