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Tschurilo
Plenkowitzsch
Russisches Märchen, Seite 4 ( von 5 )
Entferne dich, damit dich meine starken Neffen nicht finden und dich für
deine Verwegenheit züchtigen." - "Mit deinen Neffen,"
antwortete Tschurilo, "bin ich schon fertig, und jetzt soll die Reihe an
dich kommen." Unter diesen Worten hatte er sich der Falltüre
genähert und holte aus, um den Druiden einen Hieb mit seiner
mächtigen Peitsche zu versetzen, der ihn wahrscheinlich den Wissenschaften
für immer entrissen hätte; aber dieser merkte seine Absicht, und zog
sich eilig zurück, um in seine unterirdische Wohnung zu kommen, wo die
Kraft des starkmachenden Wassers auch auf ihn wirkte. Er versuchte es, auch die
Falltüre hinter sich zuzuwerfen, aber der Ritter kam ihm zuvor und hielt
sie mit starken Arm. Darauf folgte er dem Druiden eilig die Treppe hinab, nach
dem er Prelepa in ein Paar flüchtigen Worten zu verstehen gegeben hatte,
sie solle ihn erwarten, er werde bald wieder zurückkommen.
Die Treppe führte den Ritter in einen geräumigen hof, in dessen
Hintergrunde ein schöner Palast von schwarzem Marmor stand. Da er nicht
zweifeln konnte, dass er den Druiden da finden werde, so war er eben im
Begriff, in denselben zu treten, als er Kriwiden aus der offnen Tür auf
sich losstürzen sah. Er hatte eine Flasche des starkmachenden Aquavits
geleert, die ihm solche Stärke verliehen hatte, das der Ritter Mühe
hatte, sich seiner zu erwehren; aber so wie nach und nach die Dünste des
Wassers verrauchten, hatte Tschurilo leichtes Spiel. Der Druide suchte ihm zwar
wieder zu entwischen, um sich's aufs Neue zu stärken, aber Tschurilo hielt
ihn fest und warf ihn endlich zu Boden. Nun war es um den armen Verliebten
geschehen, wenn er nicht auf einmal eingesehen hätte, was für ein
Thor er gewesen sei. Die Weisheit kehrte ihm unter Tschurilo's
Faustschlägen zurück, und er stimmte ein reuiges Paterpeccavi an.. Er
schwur aufs Heiligste, die Lust zu heiraten sei ihm gänzlich vergangen und
er gebe alle Ansprüche auf Perlepa für immer auf. Da bei versicherte
er, dem Oberpriester und seinen Söhnen, deren Fesseln, außer ihm,
kein Sterblicher zu lösen im Stande war, weil sie hermetisch versiegelt
wären, die Freiheit unverzüglich wieder zu geben, und versprach dem
Ritter noch obendrein einige Flaschen des Wunderwassers, wenn er ihm das Leben
schenke. Der großmütige Tschurilo Plenkowitsch, der des
überwundenen Feindes gern schonte, und überdies in die Worte des
Druiden keinen Zweifel setzte, weil er selbst gewohnt war, immer die Wahrheit
zu sagen, ließ die aufgehobene Hand sinken und richtete den Druiden auf.
Auch betrog ihn dieser nicht. Nachdem er den Ritter noch gebeten hatte, er
möge ihm sagen, wo seine Neffen lägen - denn er hoffte, sie durch
seine Kunst wieder in's Leben zurückzubringen - und ihm der Ritter den Ort
bezeichnet hatte, führte er ihn zu dem Gemache, in welchem der
Oberpriester mit seinen Söhnen eingeschlossen war. Die eiserne Tür
dieses Gefängnisses widerstand in der Tat allen Anstrengungen des Ritters,
sie zu öffnen, da sie doch sogleich aufsprang, als sie der Druide nur
berührte. - Der Oberpriester und seine Söhne waren außer sich
vor Freuden, als ihnen der Druide selbst ihre Befreiung ankündigte, und
dabei feierlich auf Prelepans Hand Verzicht tat. Er schwur dem heiligen Feuer,
dass dies sein Ernst sei, und das der Oberpriester und seine Familie
künftig durchaus nicht von ihm, oder den Seinigen beunruhigt werden
sollten. dieser Schwur tilgte jeden Zweifel aus der Brust des Oberpriesters,
denn man hatte noch kein Beispiel, dass ein Preuße einen Schwur gebrochen
hätte. Darauf händigte der Druide dem Ritter drei Flaschen seines
Wunderwassers aus, und dem Oberpriester gab er eine Summe an Gold und Silber,
um ihn teils für den Verlust seines Hauses zu entschädigen, teils um
das Böse zu vergüten, das er ihm angetan hatte. Tschurilo nahm nun
Abschied von dem Druiden, nachdem er ihn vorher noch gewarnt hatte, ja nicht
wider sein gegebenes Wort zu handeln, denn bei seiner Rückkehr werde er
sich sorgfältig erkundigen, ob er sein Versprechen gehalten habe. Der
Druide schwur nochmals, er meine es redlich, und Tschurilo stieg beruhigt mit
dem Oberpriester und seinen Söhnen die Treppe hinauf.
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