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Geschichte
des Rebhuhns mit den Schildkröten
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 4 ( von 5 )
Du verdienst eine Strafe von mir, doch ich fürchte Gott und verzeihe dir,
wenn du mir auch dieses Jahr Tribut schickst; wenn nicht, so sende ich dir eine
Armee von elfhunderttausend Mann unter der Anführung des Veziers Ghadban,
der dich drei Jahre lang belagern wird, statt der drei Tage Frist, die du mir
gegönnt; er wird Besitz von deinem Reiche nehmen und nur dich allein
töten; darum sei auf deiner Hut und überlege es wohl, ehe du es
wagst, dich mir zu widersetzen." Dieses Schreiben ward versiegelt und dem
Boten gegeben, der nach dem, was er vom Jungen hörte, froh war, mit heiler
Haut davon zu kommen. Als er zu seinem König zurückkehrte, der schon
wegen dessen langer Abwesenheit einen großen Diwan hielt,
überreichte er ihm den Brief und erzählte ihm Alles, was er gesehen
und gehört. Der König konnte seiner Erzählung nicht glauben, bis
er endlich den Brief las; da erschrak er sehr und sah sich schon seines Reiches
beraubt. Er ließ sogleich seine Veziere und Gelehrten rufen und las ihnen
den Brief vor, sie suchten zwar den König zu beruhigen, doch war ihr
eigenes Herz voll Furcht. Endlich sagte der Großvezier: "Alle diese
Worte helfen Nichts, ich rate dir, dich in einem Schreiben bei dem König
zu entschuldigen, ihn an die alte Freundschaft zu erinnern, und ihm zu sagen,
du habest nur seine Tapferkeit und Gewandtheit erproben wollen, wünschest
ihm aber ein langes, glorreiches Leben." Der König sagte: "Das
muss ein mächtiger Sultan sein, dessen Schulknaben solche Briefe
schreiben; ich habe selbst ein verzehrendes Feuer angezündet, ich muss es
nun auch löschen." Er ließ dann sogleich kostbare Geschenke
zubereiten, schrieb einen schönen Brief und schickte ihn mit einem
Hauptmann, von vielem Gefolge begleitet, ab. Der König ließ bei der
Ankunft des Hauptmanns den Jungen rufen, um ihm den Brief vorzulesen, und auf
dessen Rat nahm er die Entschuldigungen und die Geschenke des Hauptmanns an und
machte ihm königliche Gegengeschenke.
Der Junge aber wandte alle seine Gelehrsamkeit auf und schrieb einen sehr
sinnreichen, freundlichen Brief, den er dem König vorlas. Der Hauptmann
wurde dann mit dem Brief entlassen und von einer Abteilung Truppen bis Mitte
Wegs begleitet. Nach der Abreise des Hauptmanns, der wegen der
Wiederherstellung des Friedens von seinem Herrn durch Erhöhung seins Rangs
belohnt ward, kehrte der König wieder zu seinem frühern frommen
Lebenswandel zurück, hörte auf, der Frauenliebe und dem
Vergnügen zu leben, und beschäftigte sich ausschließlich mit
den Angelegenheiten seiner Untertanen. Der junge Sohn des Veziers Schimas ward
zum Vezier ernannt, die Stadt wurde drei Tage hintereinander festlich
geschmückt und groß war die Freude des Volks, das einer besseren
Zukunft entgegen sah, und für den König und den Vezier Gebete gen
Himmel sandte. Als dann der König den Verzier fragte, was nun zur neuen
Organisation des Staats zu tun sei? sagte er: "Zuerst muss das Übel
aus seiner Wurzel ausgerottet werden, damit es nicht wieder zu noch
größerem Unheil nachwachse." - "Was meinst du damit?"
fragte der König. "Ich meine," antwortete der junge, aber
verständige Vezier, "den Hang nach Weibern und das Befolgen ihres
Rates; durch Frauenliebe wird sogar der Klügste irre geführt. War
nicht Salomon, der Sohn Davids, der Weiseste aller Sterblichen, so dass
Menschen und Genies, Tiere und Vögel ihm dienstbar waren? Hat er nicht
viele Werke über weltliche Angelegenheiten und Religion geschrieben, und
doch vergaß er Alles wieder durch seine Liebe zu den Weibern, und wusste
in Gegenwart aller Gelehrten eine Frage nicht mehr zu beantworten, die in einem
ihm früher wohlbekannten Werke ausführlich behandelt war, so dass er
zuletzt gestehen musste, dass er durch seine Liebe zu den Weibern seinen
Verstand verloren hatte, und daher alle Leute, besonders aber Gelehrte und
Könige, davor warnte." Der König erwiderte hierauf: "Schon
habe ich aufgehört, die Frauen zu lieben; doch sage mir, was ich ihnen tun
soll, weil sie mir geraten haben, deinen Vater und die übrigen
Großen zu ermorden."
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