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Schneewittchen
Märchen der Gebrüder Grimm, Seite 4 ( von 6 )
So ging sie hin über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an
die Türe, und rief: "Gute Ware fei!, feil!" Schneewittchen
schaute heraus und sprach: "Geht nur weiter, ich darf niemand
hereinlassen." "Das Ansehen wird dir noch erlaubt sein", sprach
die Alte, zog den giftigen Kamm heraus und hielt ihn in die Höhe. Da
gefiel er dem Kinde so gut, dass es sich betören ließ und die
Tür öffnete. Als sie des Kaufs einig waren, sprach die Alte:
"Nun will ich dich einmal ordentlich kämmen." Das arme
Schneewittchen dachte an nichts, und ließ die Alte gewähren, aber
kaum hatte sie den Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte, und
das Mädchen ohne Besinnung niederfiel. "Du Ausbund von
Schönheit", sprach das boshafte Weib, "jetzt ist's um dich
geschehen," und ging fort. Zum Glück aber war es bald Abend, wo die
sieben Zwerglein nach Hause kamen. Als sie Schneewittchen wie tot auf der Erde
liegen sahen, hatten sie gleich die Stiefmutter in Verdacht, suchten nach, und
fanden den giftigen Kamm, und kaum hatte sie ihn herausgezogen, so kam
Schneewittchen wieder zu sich, und erzählte was vorgegangen war. Da
warnten sie es noch einmal auf seiner Hut zu sein und niemals die Türe zu
öffnen.
Die Königin stellte sich daheim vor den Spiegel und sprach:
"Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?
Da antwortete er, wie vorher:
"Frau Königin, ihr seid die schönste hier,
aber Schneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist doch noch tausendmal schöner als ihr."
Als sie den Spiegel so reden hörte, zitterte und bebte sie vor Zorn.
"Schneewittchen soll sterben", rief sie, "und wenn es mein
eigenes Leben kostet." Darauf ging sie in eine ganz verborgene einsame
Kammer, wo niemand hin kam, und machte da einen giftigen, giftigen Apfel.
Äußerlich sah er schön aus, weiß mit roten Backen, dass
jeder, der ihn erblickte, Lust danach bekam, aber wer ein Stückchen davon
aß, der musste sterben. Als der Apfel fertig war, färbte sie sich
das Gesicht, und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so ging sie über
die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an, Schneewittchen streckte
den Kopf zum Fenster heraus, und sprach. "Ich darf keinen Menschen
einlassen, die sieben Zwerge haben's mir verboten." "Mir auch
recht", antwortete die Bäuerin, "meine Äpfel will ich schon
los werden. Da, einen will ich dir schenken." "Nein", sprach
Schneewittchen, "ich darf nichts annehmen." "Fürchtest du
dich vor Gift?" sprach die Alte, "siehst du, da schneide ich den
Apfel in zwei Teile; den roten Backen ißt du, den weißen will ich
essen." Der Apfel war aber so künstlich gemacht, dass der rote Backen
allein vergiftet war. Schneewittchen lüsterte den schönen Apfel an,
und als es sah, dass die Bäuerin davon aß, so konnte es nicht
länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm die giftige
Hälfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon in ihrem Mund, so fiel es
tot zur Erde nieder. Da betrachtete es die Königin mit grausigen Blicken
und lachte überlaut, und sprach: "Weiß wie Schnee, rot wie
Blut, schwarz wie Ebenholz" diesmal könne dich die Zwerge nicht
wieder erwecken." Und als sie daheim den Spiegel befragte:
"Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?"
So antwortete er endlich:
"Frau Königin, ihr seid die schönste im Land."
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