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Zauberhelene
Ungarisches Märchen, Seite 3 ( von 5 )
Wie ihn der Flammenkönig austrank, sprang ein Reif von seinem Bauch ab. Er
schmunzelte und sagte: "Du hast mich sehr gelabt, gib mir noch einen
Becher Wein." Argilus tat es, und wie der Flammenkönig ihn austrank,
sprang der zweite Reif von seinem Bauch. Er schmunzelte wieder und sagte:
"Zweimal hast Du mir Wein gegeben, gib mit jetzt auch einen Becher
Wasser." Und als Argilus getan, wie er gebeten, sprang auch der dritte
Reif ab, und der Flammenkönig verschwand. Zauberhelene hatte noch nicht
die Hälfte ihres Weges zurückgelegt, als schon Holofernes ihr zur
Seite stand. Er redete zu ihr, und sein Bart bewegte sich dabei zornig:
"Du hast mich als Gemahl verschmäht, hast drei meiner Herren
getötet, mich selbst gefangen gehalten, nun bist Du in meiner Gewalt;
nicht meine Gemahlin, die letzte meiner Dienerinnen sollst du sein."
Seitdem sie Argilus geheiratet, hatte Zauberhelene ihre Stärke verloren,
ihr Sträuben war also vergebens. In drei Sprüngen trug sie der
Flammenkönig in sein Reich.
Siebenmal sieben Tage waren vergangen, Zauberhelene kam nicht. Da wurde Argilus
Angst im Herzen, und er beschloss zu seinen drei Schwägern zu reisen, ob
diese vielleicht wüssten, wo Zauberhelene wäre. Er gelangte zu erst
zum Sonnenkönig; der kam eben nach Haus. "Sei mir gegrüßt,
kleiner Schwager," begann er. "Ach lieber Schwager," redete
Argilus, "ich suche meine Frau, die Zauberhelene, weißt Du nicht, wo
sie ist? Hast Du sie nicht gesehen?" "Nein," entgegnete der
Sonnenkönig, "ich habe sie nicht gesehen. Vielleicht ist sie aber nur
bei Nacht sichtbar, da musst du unsern Schwager, den Mondkönig
fragen." Nun aßen sie zusammen zu Nacht, und Argilus ging weiter zum
Mondkönig. Er gelangte zu seinem Palast, als der Mondkönig eben seine
Nachtwandlung beginnen wollte. Argilus klagte ihm seine Not; der Mondkönig
entgegnete: "Ich habe sie nicht gesehen, aber komm, pilgere die Nacht
über mit mir, vielleicht erspähen wir sie." Sie gingen die ganze
Nacht, sahen sie aber nicht. Da sagte der Mondkönig: "Ich muss jetzt
nach Haus, aber dort kommt unser Schwager, der Windkönig, rede mit dem,
der dringt überall ein, vielleicht hat er sie gesehen." Der
Windkönig stand an ihrer Seite, und als er seines kleinen Schwagers
Anliegen vernahm, erwiderte er: "Allerdings weiß ich, wo sie ist.
Der Flammenkönig Holofernes hält sie in einer unterirdischen
Höhle gefangen, sie muss sein Küchengeschirr am Glutbach waschen.
Weil ihr dabei sehr heiß wird, habe ich ihr oft schon Kühlung
zugeweht." "Ich danke Dir, lieber Schwager, dass Du ihr Linderung
verschafft hast," sagte Argilus, "bring mich zu ihr hin."
"Sehr gern," antwortete der Windkönig, er blies sich auf, und
seinen Schwager an, und im Augenblick stand Argilus mit seinem Ross vor
Zauberhelene. Aus Freude ließ sie das Küchengerät in den
Glutbach fallen, Argilus redete nicht viel, sondern hob sie auf sein Ross und
ritt davon.
Der Flammenkönig Holofernes war eben in seinem Zimmer, er vernahm im Stall
einen ungeheuren Lärm, er ging hinab und sah, dass sein Pferd
Taigaröt sich bäumte, wieherte, in die Krippe biss und den Boden
stampfte. Taigaröt war ein wunderbares Pferd, es verstand die Reden der
Menschen, antwortete auch, und hatte neun Füße. "Was treibst Du
für tolles Zeug?" rief Holofernes aus, "hast Du etwa nicht Hafer
und Heu genug, oder hat man Dich nicht getränkt?" "Hafer und Heu
ha' ich genug, auch hat man mich getränkt," redete Taigaröt
zurück, "aber Zauberhelene hat man Dir entführt." Des
Flammenkönigs Bart zitterte vor Wut. "Sei ruhig," sprach
Taigaröt weiter: "Iss, trinke, schlafe sogar, in drei Sprüngen
hole ich sie ein." Holofernes tat, wie ihm sein Ross geheißen, und
als er sich hinlänglich gestärkt und ausgeruht, setzte er sich auf
das Ross Taigaröt und in drei Sprüngen hatte er Argilus eingeholt,
riss ihm Zauberhelene aus den Armen und rief, indem er zurücksprengte:
"Weil Du mir die Freiheit verschafft hast, töte ich dich jetzt nicht,
kommst Du aber noch einmal, so bist Du verloren."
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