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Eisen Laczi
Ungarisches Märchen, Seite 1 ( von 5 )
Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter und drei Söhne
gehabt, der jüngste Sohn hieß Eisen Laczi und war sehr mutwillig;
wie er nun einmal aus der Schule nach Hause ging, begegnete ihm ein altes Weib,
welches Eier in einem Korbe trug; der junge Prinz stieß absichtlich an
ihren Korb, so dass alle Eier heraus auf den Boden fielen; die Alte aber sprach
zornig: für diese Untat soll dir dein nächster Wunsch gewährt
sein, und mit diesem Wort war sie und die Eier verschwunden. Wie der Prinz nach
Hause kam, standen seine drei Schwestern eben im Hofe. Die Erste hatte ein
Kleid wie die Sonne, die Zweite eines wie der Mond, die Dritte eines wie die
Sterne. Dies waren ihre Hauskleider, an Festtage trugen sie noch
prächtigere. Sie luden Eisen Laczi zum Ballspiel ein. Er nahm den Antrag
willig an; die drei Schwestern aber hatten sich verabredet, dass sie ihn oft
und tüchtig treffen wollten, um ihm die losen Streiche alle zu vergelten,
die er ihnen gespielt. Die Prinzessinnen waren sehr geschickt und jeder Wurf
traf. Wie nun Eisen Laczi merkte, dass sie es auf ihn abgesehen hätten,
wurde er zornig und rief: ich wollte, dass euch die Erde verschlänge, und
also bald waren auch die drei Prinzessinnen von der Erde verschlungen.
Der ganze Hof geriet hierüber in Trauer und Bestürzung. Der
älteste Sohn trat zu seinem Vater und sprach: "Vater, lass mich
hinausziehen, ich suche meine Schwestern und bringe sie wieder zurück. Der
Vater gab seine Einwilligung, der älteste Prinz zog hinaus, kam aber nicht
wieder zurück. Auch der zweite Prinz zog hinaus, die Schwestern zu suchen,
aber auch er kam nicht wieder zurück.
Indessen war eisen Laczi herangewachsen, und als der König einst auf
seinem Throne saß, kniete er vor ihm nieder und redete: Vater! an allem
dem Schmerz, der dich befallen, bin ich Schuld. Erlaube mir, dass ich
hinausziehe, die verlorenen Schwestern und Brüder aufzusuchen. Mit ihnen,
oder nie, siehst du mich wieder. Der König war über diese
Heldengesinnung erfreut, und bewilligte seinen Wunsch.
Eisen Laczi war schon den ganzen Tag gewandert, als er im Wald eine arme Frau
traf, die sich abmühte, ein Bündel Holz vom Boden aufzuheben. Eisen
Laczi, der seit dem Verschwinden seiner Schwestern sanft und mild geworden war,
und dem jetzt die Erinnerung an das alte Weib mit den eiern lebhaft erwachte,
näherte sich der alten Frau, hob das Bündel Holz vom Boden auf und
legte es ihr auf den Rücken. Die Alte sah ihn freundlich an; euer guter
Wille soll euch vergolden werden, sagte sie. Ich weiß wohin ihr wollt,
wär't ihr mir nicht beigestanden, so hättet ihr eure Schwestern nie
gefunden, jetzt aber will ich euch auf euren Pfad helfen. Sie stampfte auf den
boden, die Erde öffnete sich, und ein Kasten war zu eisen Laczi's
Füßen. Die arme Frau fuhr fort: lege dich in diesen Kasten, er
bringt dich unter der Erde in das Schloss, wo die Schwester mit dem Sonnenkleid
wohnt. Eisen Laczi folgte ihrer Rede, die Erde schloss sich über ihm, und
der Kasten lief fort, weit, weit, sehr weit. Plötzlich blieb der Kasten
stehen, die Erde öffnete sich, Eisen Laczi sprang hinaus und sah ein
silbernes Schloss vor sich, ein Fluss rauschte vor dem Tor, und über dem
Fluss führte eine Brücke aus Rasiermessern, die Messer bewegten sich
unaufhörlich, so dass sie alles zerschnitten, was sich auf die Brücke
wagte. Wie werde ich da hinüber kommen! rief Eisen Laczi aus. Sei
unbesorgt, antwortete der Kasten, hinein in das Schloss wer' ich dich schon
bringen, wie du aber hinaus kommst, ist deine Sorge. Eisen Laczi legte sich
wieder in die Lade, und der Kaste brachte ihn unter dem Fluss mitten in das
Schloss, hier sprang Eisen Laczi zum zweiten Male aus der Lade, bedankte sich
bei dem Kasten für die Mühe, die er sich mit ihm gegeben, trug ihm
auf, der alten freundlichen Frau seinen herzlichsten Dank zu melden, und ging
die Stiege hinauf; oben begegnete er seiner Schwester.
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