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Die
gebrochenen Eide
Rabbinisches Märchen, Seite 4 ( von 5 )
Er entgegnete: "Wenn du mit diese Gunst erzeigst, so will ich Alles tun,
was du befiehlst." Sie sagte: "Schwöre einen Eid, dass du Wort
hältst." Da schwur er, schrieb er auf Papier und gab er ihr.
Nun rief sie einen ihrer Diener und befahl diesem, ihn so schnell als
möglich nach seinem Hause zu bringen, nach Verlauf weniger Minuten war er
dort bei seiner Frau und seinen Kindern. - Der Diener fragte ihn darauf ob er
etwas an seine Herrin zu befehlen habe. Er erwiderte: "Ich habe nichts zu
tun mit dir und deiner Herrin. Ich bin nun bei meiner Frau und meinen Kindern;
ich kenne keine Andere und habe keine Botschaft für dich." Der Diener
kehrte zu seiner Gebieterin zurück und diese fragte ihn, was sein Herr
gesagt habe und ob er ihm irgend einen Auftrag gegeben. Er antwortete:
"Herrin, wenn ich dir sage, was er gesagt hat, so glaubst du mir
nicht." Sie drang nun in ihn und er sagte ihr Alles. Sie erwiderte:
"Das hat nichts zu bedeuten." Er blieb nun höchst fröhlich
bei den Seinen; nach Ablauf des Jahres aber sandte seine Gattin einen Boten zu
ihm, um ihn zurückzurufen, weil das Jahr verflossen war. Er antwortete
aber, er käme nicht und habe nichts zu tun mit ihnen, da er ein Mensch
sei, und habe auch weiter nichts zu sagen. Der Bote kehrte zurück und
meldete es seiner Herrin; diese sandte neue Boten von höherem Stande,
indem sie sagte, dieser Eine sei nicht hinreichend gewesen. Er gab aber wieder
dieselbe Antwort. Sie sandte noch vornehmere, drei oder vier Mal, und war
zuletzt genötigt, ihren Sohn Salomon zu schicken. - Als er seinen Sohn
sah, umarmte er ihn, und fragte ihn, was er wolle. Dieser erzählte ihm,
seine Mutter habe ihn gesendet, damit er mit ihm zurückkehre, und wolle er
nicht, so würde sie selbst kommen und sich an ihm rächen. Der Vater
erwiderte, dass er nicht gesonnen sei, sein Haus zu verlassen und bei Weib und
Kindern bleiben wolle, die menschlichen Wesen wären, gleich ihm. Als nun
der Sohn sah, dass es kein Mittel gebe, ihn zu bewegen, kehrte er zu seiner
Mutter zurück und erzählte ihr Alles. -
Die Mutter war nun genötigt, selbst mit einem großen Heere
hinzukommen. Als sie vor der Stadt anlangten, wo der Mann wohnte, sagte sie zu
der Prinzessin, sie wollten hineingehen und den Mann, der ihr Gatte sei und
alles Volk in der Stadt erschlagen, aber sie antwortete: "Nein, er hat
keiner die Erlaubnis, einen Hebräer zu töten, da diese, wenn sie sich
schlafen legen, zu Gott beten, er möge sie beschützen und
behüten vor allen Mazikin; deshalb haben wir weder das Recht, noch die
Erlaubnis, sie anzurühren, und wenn wir ihnen ein Leid zufügen, so
werden wir von dem Gotte Israels der die ganze Welt regiert, bestraft. Deshalb
bleibt ihr hier vor der Stadt, und Morgen früh will ich mit meinem Sohne
Salomon aufstehen und nach der Schule der Rabbinern gehen und dem Sanhedrin, ob
sie mir Recht verschaffen wollen; wollen sie es nicht, so will ich mich selbst
an ihm und an ihnen rächen." Alle antworteten und sagten: "Das
ist wohlgesprochen."
Am Morgen erhob sie sich mit ihrem Sohne Salomon und ging in die große
Schule, wo das göttliche Gesetzt gelehrt wurde. Die Männer
ratschlagten dort, als sie eine Stimme laut schreien und sagen hörten:
"Gerechtigkeit vor Gott und vor euch, an Solchem, meinem Gatten!" und
alle Leute erschraken und waren erstaunt, als sie drei Mal diese Stimme
hörten und Niemand sahen. Sie schickten zu dem Manne, welcher kam und
ihnen Alles erzählte und sagte, er sei nicht gewillt, mit ihr zu gehen.
Sie hörten wieder die Stimme, welche rief. "Hier sind seine Eide, von
ihm unterschrieben, welche er schwur und jedes Mal unterschrieb." Darauf
fielen drei beschriebene Papiere vor ihnen nieder. Sie lasen sie und fragten
ihn, ob das seine Unterschrift sei. Er bejahte es. Darauf sagte sie zu ihm:
"Es wäre schlecht, so viele Eide zu brechen, und es sei kein Ausweg,
er müsse mit ihr gehen, dahin, wo er so manches Jahr gelebt habe mit ihr,
wo sie ihn vom Tode gerettet und ihm Kinder geboren habe.
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