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Der Schmaus
der Zwerge
Norwegisches Märchen, Seite 5 ( von 5 )
Mein Vater und meine Schwester flohen in die Berge, und meine Augen haben sie
seitdem nicht wieder gesehen. - Andsind und ich retteten und auf diese Insel,
wo wir lange Zeit in Frieden lebten und hofften dieser würde nie
gestört werden. Aber das Schicksal, dem Niemand entgeht, hatte es anders
bestimmt. Oluf kam aus Britannien. Sie nannten in den Heiligen, und Andsind
entdeckte sogleich, dass seine Reise den Riesen verderblich sein würde. -
Als er hörte, wie Oluf's Schiff durch die Wellen rauschte, ging er an den
Strand und blies die Wellen mit aller Macht dagegen an. - Die Wogen schwollen
zu Bergen. Aber Oluf war mächtiger, als er, sein Schiff flog
ungestört durch die Fluten, wie der Pfeil vom Bogen. Er steuerte gerade
auf unsere Insel zu. Als das Schiff so nahe war, das Andsind es mit den
Händen erreichen zu können glaubte, packte er das Vorderteil mit der
rechten Hand, und war in Begriff, es zu Grunde zu ziehen, wie er das oft mit
anderen Schiffen getan hatte. Aber Oluf, der schreckliche Oluf, schritt
vorwärts und rief, die Hände kreuzend, mit lauter Stimme: "Stehe
da, ein Stein, bis zum jüngsten Tage!" und in demselben Augenblicke
wurde mein unglücklicher Gatte eine Felsenmasse. Das Schiff segelte
ungehindert vorwärts und rannte gerade gegen den Berg, den es
durchschnitt, und trennte von ihm die kleine dort liegende Insel."
"Seit der Zeit ist all mein Glück vernichtet, allein und traurig habe
ich mein Leben verbracht. Nur an Juelabenden können versteinerte Riesen
ihr Leben auf sieben Stunden wiedererhalten, wenn Einer von ihrem Stamme sie
umarmt und zugleich bereit ist, hundert Jahre von seinem eigenen Leben
dafür zu opfern. - Selten aber tut ein Riese das. - Ich liebte meine
Gatten zu zärtlich, um ihn nicht, so oft ich konnte, ins Leben
zurückzurufen; sollte es mich das Teuerste kosten. - Ich erzählte
nie, wie oft ich es getan hatte, damit ich nicht wüsste, wenn die Zeit
kam, wo ich sein Schicksal teilen und in dem Augenblick, indem ich ihn
umschlang, Eins mit ihm werden sollte. Aber ach! selbst dieser Trost ist mir
noch genommen. Ich kann ihn nie wieder durch Umarmung erwecken, seit er den
Namen gehört hat, den ich nicht aussprechen darf, und nie wieder wird er
das Licht erblicken, bis die Morgendämmerung des jüngsten Tages es
bringt."
"Ich scheide jetzt von hier. - Ihr werdet mich nimmer wiedersehen. -
Alles, was hier im Hause ist, schenke ich euch. - Nur mein Hackebrett behalte
ich. - Lasst es aber Niemand wagen, sich auf den kleinen umliegenden Inseln
niederzulassen. Dort wohnen die kleinen Unterirdischen, die ihr bei dem Feste
sahet und die ich beschützen will, so lange ich lebe."
Mit diesen Worten verschwand sie. - Im nächsten Frühling brachte Orm
das goldene horn und die silbernen Sachen nach Drontheim, wo Niemand ihn
kannte. Der Wert dieser kostbaren Metalle war so groß, dass er im Stande
war, jedes einem reichen Manne nötigen Bedürfnis zu kaufen. - Er
belud sein Schiff mit seinen Einkäufen und kehrte nach der Insel
zurück, wo er lange Jahre in ungetrübter Seligkeit verlebte. Aslog's
Vater versöhnte sich bald mit seinem reichen Schwiegersohne.
Das steinerne Bild blieb im Hause sitzen. Niemand war im Stande, es
fortzubringen. Der Stein war so hart, dass Hammer und Art in Stücke
sprangen, ohne den geringsten Eindruck darauf zu machen. Der Riese blieb dort,
bis ein heiliger Mann zu der Insel kam, der ihm mit einem einzigen Wort auf
seine alte Stelle, wo er sich noch jetzt befindet, zurückbrachte. Der
kupferne Kessel, den die Unterirdischen zurückließen, wurde als ein
Andenken auf der Insel, die noch jetzt die Hausinsel heißt, aufbewahrt.
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