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Das
Ziegengesicht
Neapolitanisches Märchen, Seite 4 ( von 4 )
Der alte Mann sagte darauf zu ihr: "Du solltest dich erinnern, Renzolla,
dass Du die Tochter eines Bauern bist und die Fee Dich zum Range einer
Königin erhoben hat; aber rohes, ungesittetes, undankbares Ding, hast ihr
nicht die mindeste Erkenntlichkeit oder Zuneigung dafür bewiesen. Deshalb
nimm und sieh', geh' damit fort und komm des Übrigen wegen zurück.
Gute Sitten trittst Du mit Füßen, jetzt weißt Du, was Du
dafür bekommen hast; denn durch die Verwünschung der Fee hast Du
nicht allein ein anderes Gesicht, sondern auch einen andern Stand bekommen. -
Willst Du aber handeln, wie es sich für einen solchen weißen Bart
geziemt, so wirf Dich der Fee zu Füßen, zerraufe Deinen Bart,
zerkratze das Gesicht, zerschlage die Brust und bitte sie um Verzeihung
für Dein schlechtes Betragen; sie ist gutherzig und wird Mitleid mit
Deinem Unglück haben."
Renzolla, welche einsah, dass er den rechten Schlüssel berührt und
den Nagel auf den Kopf getroffen habe, befolgte seinen Rat. Die Fee umarmte und
küsste sie und gab ihr ihre ursprüngliche Gestalt wieder. Sie zog ihr
darauf ein mit Gold reich besetztes Kleid an und brachte sie in einer
prächtigen Kutsche, von einer großen Dienerschaft begleitet, wieder
zu dem Könige zurück, der, als er sie so schön und so
geschmückt sah, sich mehr als je in sie verliebte, sich wegen der Leiden,
die sie hatte tragen müssen, aber auch zugleich mit dem hässlichsten
Ziegengesicht, das die Ursache gewesen war, entschuldigte.
So lebte nun Renzolla glücklich, liebte ihren Gatten, ehrte die Fee, und
bezeigte sich dankbar gegen den alten Mann, nachdem sie auf ihre Kosten gelernt
hatte, dass:
ES IMMER GUT SEI, ARTIG ZU SEIN.
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