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Elfenhügel
Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 3 ( von 4 )
"Die Füße vom Napfe!" sagte der alte Kobold, da gehorchten
sie, aber doch nicht sogleich. Ihre Tischdamen kitzelten sie mit Tannenzapfen,
die sie in der Tasche mit sich führten, und dann zogen sie ihre Stiefel
aus, um bequem zu sitzen, und gaben ihr die Stiefel zu halten. Aber der Vater,
der alte Dovrekobold, der war freilich ganz anders. Er erzählte schön
von den stolzen nordischen Felsen und von den Wasserfällen, die
weißschäumend mit einem Gepolter wie Donnerschlag und Orgelklang
niederstürzten; er erzählte vom Lachse, der gegen die stürzenden
Wasser empor springt, wenn die Nixe auf der Goldharfe spielt. Er erzählte
von den glänzenden Winternächten, wenn die Schlittenschellen
tönen und die Burschen mit brennenden Fackeln über das blanke Eis
hinlaufen, welches so durchsichtig ist, dass sie die erschreckten Fische unter
ihren Füßen schwimmen sehen. Ja, er konnte erzählen, so dass
man sah und hörte, was er beschrieb. Es war, als wenn Sägemühlen
gingen, als wenn Knechte und Mägde Lieder sängen und tanzten. Heisa!
mit einem Mal gab der greise Kobold dem alten Elfenmädchen einen
Gevatterschmatz. Das war ein ordentlicher Kuss, und doch waren sie nicht
verwandt.
Nun mussten die Elfenmädchen tanzen, sowohl einfach, wie auch mit
Stampfen, und das stand ihnen gut an; dann kam der Kunsttanz. Potz Tausend, wie
sie das Bein ausstrecken konnten, man wusste nicht, was Ende, und Anfang war,
was Arme und Beine waren, das ging alles durcheinander wie Sägespäne,
und dann schnurrten sie herum, dass es dem Totenpferd unwohl wurde und es vom
Tisch gehen musste.
"Prrr!" sagte der greise Kobold, "das ist ein Wirtschaften mit
den Beinen! Aber was können sie mehr als Tanzen, die Beine ausstrecken und
den Wirbelwind machen?"
"Das sollst du bald erfahren!" sagte der Elfenkönig, und dann
rief er die jüngste von seinen Töchtern vor; sie war so behände
und klar wie Mondschein, sie war die feinste von allen Schwestern; sie nahm
einen weißen Span in den Mund, und dann war sie ganz fort, das war ihre
Kunst.
Aber der greise Kobold sagte, diese Kunst möchte er bei seiner Frau nicht
leiden und er glaube auch nicht, dass seine Knaben etwas davon halten.
Die andere konnte sich selbst zur Seite gehen, als wäre sie ihr eigener
Schatten, und den haben die Elfen nicht.
Die dritte Tochter war ganz anderer Art. Sie hatte in der Sumpffrau Brauhaus
gelernt und sie war es, die verstand, Elfenknorren mit Johanniswürmchen zu
spicken.
"Sie wird eine gute Hausfrau abgeben!" sagte der greise Kobold, und
dann stieß er mit den Augen an, denn er wollte nicht so viel trinken. Nun
kam die vierte Elfe; sie hatte eine große Harfe zum Spielen, und als sie
auf der ersten Saite schlug, erhoben alle das linke Bein, denn die Kobolde sind
linksbeinig, und als sie die andere Saite anschlug, mussten alle tun, was sie
wollte.
"Das ist ein gefährliches Frauenzimmer!" sagte der greise
Kobold, aber beide Söhne gingen zum Hügel hinaus, denn nun langweilte
es sie.
"Was kann die nächste Tochter?" fragte der greise Kobold.
"Ich habe gelernt, das Nordische zu lieben", sagte sie, "und nie
werde ich mich verheiraten, wenn ich nicht nach Norwegen kommen kann!"
Aber die kleinste Schwester flüsterte dem Greise zu: "Das ist nur,
weil sie aus einem nordischen Liede gehört hat, dass, wenn die Erde
untergeht, doch die nordischen Klippen gleich Bausteinen stehen bleiben werden,
deswegen will sie da hinauf, denn sie fürchtet das Untergehen sehr."
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