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Elfenhügel
Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 2 ( von 4 )
Alles höchst anständig; verrostete Nägel und Kirchenfensterglas
gehörte zum Naschwerk.
Der alte Elfenkönig ließ seine Goldkrone mit gestoßenem
Griffel polieren, das war Tuffsteingriffel, und es ist für den
Elfenkönig sehr schwer, Tuffsteingriffel zu erhalten. Im Schlafgemach
wurden Gardinen aufgehängt und mit Schneckenhörnern befestigt. Ja,
das war ein rechtes Summen und Brummen.
"Nun muss hier mit Rosshaaren und Schweineborsten geräuchert werden,
dann glaube ich das Meinige getan zu haben!" sagte das alte
Elfenmädchen.
"Süßer Vater", schmeichelte die kleinste der Töchter;
"bekomme ich nun zu wissen, wer die vornehmsten Fremden sind?"
"Nun denn", sagte er, "dann muss ich es wohl sagen! Zwei meiner
Töchter müssen sich zum heiraten bereit halten, zwei werden sicher
verheiratet. Der greise Kobold oben von Norwegen, er, der im alten Dovrefelsen
wohnt und viele Klippenschlösser von Feldsteinen und ein Goldwerk, welches
besser ist, als man glaubt, besitzt, kommt mit seinen beiden Söhnen
herunter, die sich eine Frau aussuchen sollen. Der greise Kobold ist ein recht
alter, ehrlicher, nordischer Greis, lustig und schlicht. Ich kenne ihn aus
alten Tagen, als wir Brüderschaft mit einander tranken und er hier unten
war, seine Frau zu holen. Nun ist sie tot, sie war eine Tochter des
Felsenkönigs von Möen. Er nahm seine Frau auf die Kreide, wie man zu
sagen pflegt. O wie ich mich nach dem nordischen alten Kobold sehne! Die
Knaben, sagt man, sollen etwas unartige, naseweise Jungen aber man kann ihnen
ja auch unrecht tun, und sie werden wohl gut, wenn sie älter werden. Lasst
mich nun sehen dass ihr ihnen Sitte beibringt!"
"Und wann kommen sie?" fragte die Tochter.
"Das kommt auf Wind und Wetter an!" sagte der Elfenkönig.
"Sie reisen sparsam! Sie kommen mit Schiffsgelegenheit herunter. Ich
wollte, sie sollen über Schweden gehen, aber der Alte neigte sich nicht
nach jener Seite! Er schreitet nicht mit der Zeit fort, und das kann ich nicht
leiden!"
Da kamen zwei Irrlichter angehüpft, das eine schneller als das andere, und
deshalb kam das eine zuerst.
"Sie kommen! sie kommen!" riefen Beide.
"Gebt mir meine Krone, und lasst mich im Mondscheine stehen!" sagte
der Elfenkönig.
Die Töchter hoben die Schals auf und verneigten sich bis zur Erde. Da
stand der greise Kobold von Dovre mit der Krone von gehärteten Eis- und
polierten Tannenzapfen; übrigens hatte er einen Bärenpelz und
große Stiefel an, die Söhne hingegen gingen mit bloßem Halse
und in Hosen ohne Tragbänder, denn es waren Kraftmänner.
"Ist das eine Anhöhe?" fragte der kleinste der Söhne und
zeigte auf den Elfenhügel. "Das nennen wir oben in Norwegen ein
Loch!"
"Jungen!" sagte der Alte. "Loch geht einwärts, Höhe
geht aufwärts! Habt Ihr keine Augen im Kopfe?"
Das Einzige, was sie hier unten Wunder nahm, sagten sie, sei, dass sie ohne
Weiteres die Sprache verstehen können.
"Man möchte glauben" sagte der Alte, "Ihr seiet nicht recht
ausgebacken."
Dann gingen sie in den Elfenhügel hinein, wo die wahrhaft feine
Gesellschaft versammelt war, und das in einer Hast, dass man glauben sollte,
sie seien zusammengeweht, und für einen Jeden war es niedlich und nett
eingerichtet. Die Wassernixen saßen in großen Wasserkufen zu
Tische, sie sagten, es sei gerade, als ob sie zu Hause seien. Alle beachteten
die Tischsitte, außer den beiden kleinen nordischen Kobolden; die legten
die Beine auf den Tisch, aber sie glaubten nun einmal, dass ihnen Alles gut
stehe!
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