|
Fürchten
lernen
Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 3 ( von 4 )
Der Peter verwunderte sich selbst, dass ein Mensch so dumm sein könnte wie
er, war deshalb mit Allem zufrieden, nahm sein Geld und ging. Als er über
drei Feldwege gegangen war, kam ihm ein Junge mit einer Herde Schweine
entgegengelaufen. "Geh mit mir in die Welt" sprach der Peter,
"was brauchst du die Schweine zu hüten, ich habe so viel Geld, dass
es gar nicht all werden kann!" Der junge Schweinehirt sagte zwar anfangs,
er müsse heim zu seinem Brotherrn, ließ sich aber bald
überreden und ging mit.
So marschierten denn die Zweie einträchtig in die Welt hinein, bis es
Abend wurde und sie Hunger bekamen. Da war ringsum nichts mehr als Wald und
Wald! Endlich kamen sie an ein Schloss, und weil die Tür offen stand,
gingen sie auch hinein und betrachteten sich alles. Keine lebendige Seele war
darin zu finden, nur in dem Hofe lief Geflügel von jeder Art herum:
Gänse, Hinkel und welsche Hühner. Mein Peter, nicht faul, hob Steine
auf und warf ein paar Stück von dem Federvieh tot. "Nun haben wir zu
essen" sprach er, ging mit dem Schweinehirten in die Schlossküche und
machte sich ein Feuer an. Dann stellten sie einen Kessel bei, rupften das
Geflügel und fingen an, es zu kochen.
Wie es aber in dem Kessel kochte, dass es ein Vergnügen war, kam der
Schlossherr nach Hause und das war Niemand anderes als der Teufel selber. Schon
in dem Hofe fing er an zu riechen und zu schnuffeln, und als der Peter gerade
mit der Gabel in den Kessel fuhr, um sich etwas herauszulangen, stand mit einem
Male der Schwarze dabei und sprach: "Da will ich mitessen."
"Geh erst hinaus und werfe dir was von dem Federvieh tot, sonst kannst
du's nicht kochen" sprach der Peter "und wenn du nichts zu kochen
hast, hast du nichts zu essen, und wenn du was von mir kriegst, will ich mein
Lebtag ein dummer Kerl bleiben." Also machte sich der Teufel wieder
hinunter in den Hof und fing an zu werfen aus Leibeskräften, weil er
großen Hunger hatte, kam aber bald wieder hinauf und sprach: "Ich
kann nichts treffen." "Das kommt von deinen dicken Klauen" sagte
der Junge, "aber geh hin und hol mir den Schraubstock dort, ich will dir
aus Gefälligkeit die Nägel schneiden." Da hatte der dumme Teufel
nichts Eiligeres zu tun, als wirklich den Schraubstock herzubringen und seine
schwarzen Pfoten hineinzulegen. "Halt still" sprach der Peter, drehte
zu mit allen Kräften und der Böse war gefangen, die beiden Jungen
aber griffen nach ihren Stecken und prügelten auf ihn hinein, wie auf
einen störrigen Esel. "Lasst mich hinaus!" schrie der Böse,
"so will ich euch geben, was ihr haben wollt!" Lange half ihm kein
Heulen und kein Schreien, endlich sprach der Peter, er wolle ihn loslassen,
wenn er ihm die Verschreibung geben wolle über das ganze Schloss, dass es
sein Eigen wäre mit Allem, was er darin fände. Der Böse war
damit zufrieden, und gleich lag auch schon die Handschrift auf dem Tisch. Da
wollte der Schweinehirt den Schraubstock aufdrehen, aber "Halt!" rief
der Peter "ich will erst sehen ob es seine Richtigkeit hat; ich kann
Geschriebenes lesen und bin nicht umsonst beim Schulmeister in der Lehre
gewesen." Also las er die Verschreibung nach und fand, dass der Böse
ihn hatte betrügen wollen, denn die Handschrift lautete nur auf die
Scheuer und den Seitenbau, nicht aber auf das ganze Schloss. "So gescheit
wie du, sind wir auch noch" sprach der Peter "aber die Schläge
sind noch nicht all" und damit fingen sie von neuem zu prügeln an, so
dass nur der Teufel es bei lebendigen Leibe abhalten konnte und ließen
nicht eher nach, bis er ihnen die richtigen Verschreibungen herausgegeben
hatte, über das ganze Schloss und alle Äcker, die dabei lagen und den
Wald der dazu gehörte. Als sie alle Papiere richtig hatten sagte der
Peter: "Dafür sollst du herauskommen, aber nicht gleich, sondern
morgen bei lichtem Tag, wenn du keine Gewalt über uns hast; wir wollen
einstweilen die Zimmer nachsehen, ob Alles richtig ist."
|
|