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Die schlechten
Kameraden
Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 1 ( von 3 )
Ein Schuster und ein Schneiderlein gingen mitsammen auf die Wanderschaft; sie
gelobten einander treu beizustehen, zusammen zu halten in Freud und Leid und
was der Eine hätte, müsse auch der Andere haben. Sie fanden aber
nirgendwo Arbeit und da ihnen das Fechten nicht länger behagte, so nahmen
sie Dienst unter den Soldaten. Es war nämlich schon seit langer Zeit
Frieden und kein Krieg zu fürchten, so dass ihr Mut keinen Schiffbruch
leiden konnte.
Das Schneiderlein hatte flinkere Beine, wie der Schuster und kam viel schneller
vorwärts; auch verstand er den Mund recht voll zu nehmen und machte viel
Wesens von seiner Tapferkeit, wie er immer mutig zugestochen habe und wie er
sein Eisen geführt, dass die Lappen gefallen seien und wie er stets kalten
Blutes vorm Feuer gestanden. So wurde er bald Gefreiter, dann Unteroffizier und
brachte es endlich selbst zum Feldwebel. Je höher er aber rückte um
so hochmütiger wurde er und zuletzt kannte sein Stolz keine Grenzen mehr.
Am meisten litt der arme Schuster darunter. Der Dienst wurde ihm endlich so
verleidet, dass er eines Abends sein Bündel schnürte und weglief, als
ob es hinter ihm brenne.
Gegen Mittag kam er in einen Wald und da er des Weges nicht kundig war,
verirrte er sich. Als er so dastand und nicht wusste wo aus noch wo ein, kam
ein Jäger daher, der hatte sich gleichfalls verirrt und frug ihn um den
rechten Weg. "Den sage du mir", sprach der Schuster. "Zwei
können mehr als einer ausrichten" erwiderte der Jäger,
"drum lass uns zusammenhalten, dann kommen wir schon heraus". Das
taten sie, aber es wurde Abend und finstere Nacht und der Wald wollte immer
noch kein Ende nehmen. Da stieg der Schuster auf einen hohen Eichbaum, schaute
sich um sah weit , weit ein Lichtchen. Frischen Mutes gingen sie in der
Richtung fort und kamen an ein kleines Haus, darin saß eine alte Frau,
welche Kartoffeln schälte und Suppe kochte. "Können wir hier die
Nacht über bleiben?" frug der Schuster. "Nein", sprach die
alte Frau, "geht vielmehr so schnell ihr könnt weiter, denn ihr seit
in einer Räuberhöhle geraten und wenn die Räuber euch finden,
seit ihr euren Kopf los. Nachts um zwölf Uhr kommen ihrer zwölf mit
ihrem Hauptmann und Mittags um zwölf Uhr kommen zwölf andere mit
ihrem Hauptmann zum Essen. Die erste Partie muss schon in der Nähe sein;
sie setzen dem König nach, der sich im Wald verirrt hat, darum eilt und
macht, dass ihr fortkommt, ehe sie euch treffen."
"Das macht nichts", sprach der Schuster, "ich will uns schon
heraushelfen; sage uns nur wie die Hauptleute heißen und was ihre
Erkennungszeichen sind, und du Kamerad tu mir Alles nach, wie ich es dir
vormache." Da sagte die Frau ihnen Alles, denn sie war den Räubern
von Herzen feind und diente ihnen nur gezwungen.
Bald darauf gab es Lärm draußen und der erste Hauptmann kam mit
seinen zwölf Leuten. Der Schuster trat aber keck auf ihn zu und sprach:
"Einen schönen Gruß von unserm Hauptmann, ihr solltet uns
sagen, ob ihr den König gefangen hättet oder nicht; wir haben seine
Spur ganz verloren." "Uns geht's nicht besser," antwortete der
Hauptmann, und sah den Schuster scharf an, "wir sind ihm wohl auf der
Spur, aber vom Fangen war noch keine Rede. Setzt euch nun zu Tische und esst
mit, hernach sprechen wir weiter und ihr könnt dann um so besser
marschieren." Das taten die Beiden und der Jäger gab genau auf Alles
Acht, was der Schuster machte und tat ebenso. Der legte aber Löffel und
Gabel verkehrt, denn das war das Erkennungszeichen der andern Bande.
"Jetzt sehe ich, dass ihr zu der Bande gehört," sagte der
Hauptmann, "bisher konnte ich es noch nicht glauben, denn du Jäger
siehst gar nicht wie eine echter Räuber aus." Dann ging das Leben
erst recht los, sie erzählten sich von ihren Taten und der Schuster log
ihnen den Buckel voll, mehr als ein Karrengaul ziehen kann; dazu wurde gegessen
und getrunken, als sollte in acht Tagen kein Mittag mehr gehalten werden.
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