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Die schlechten
Kameraden
Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 2 ( von 3 )
Nach dem Essen musste jeder ein Kunststück machen. Als die Reihe an den
Schuster kam, sprach er, jetzt wolle er ein Stückchen machen, dass Alle
ihre Freude daran haben sollten, und einen Kessel mit siedendem Öl
austrinken. "Das ist unmöglich," riefen die Räuber.
"Nun ihr werdet schon sehen," sprach der Schuster und die alte Frau
setzte den größten Kessel aufs Feuer und goss ihn voll Öl. Als
es nun recht wallte und Blasen warf, sprach er: "Setzt euch nun im
Halbzirkel um mich, damit ihr es gut sehet, und du Kamerad tritt hinter mich
und mach den andern Platz." Jetzt holte er den Kessel vom Feuer, hob ihn
zum Munde empor und rief: "Nun passt auf!" Aber er hütete sich
wohl, das Öl zu trinken, sondern schwenkte den Kessel im Kreise umher,
dass das glühende Öl den Räubern in die Gesichter zischte, griff
dann rasch nach seinem Schwert und schlug sie nieder, einen nach dem Andern,
ehe sie sich besinnen konnten.
Als der Schuster mit den Räubern fertig war, schaute er sich nach seinem
Kameraden um, doch konnte er ihn lange nicht finden. Endlich zog er ihn unter
einer Bank hervor, wohin er sich verkrochen hatte. "Du bist mir ein
tapferer Held," sprach der Schuster, "der die Courage malterweise
verschlungen hat. Heraus jetzt, du siehst ja, dass die Arbeit getan ist und
hilf mir die Kerle fortschaffen, ehe die andern kommen, wenn dir dein Leben
lieb ist." Da half der Jäger, aber er stellte sich schlecht an, man
sah wohl, dass ihm die Arbeit nie sauer geworden war. Sie machten vor dem
Räubernest ein großes Loch, warfen die ganze Bande hinein und
stopften ihnen das Maul mit Erde. Die alte Frau aber reinigte derweil das
Zimmer vom Öl und Blut und machte Alles wieder in Ordnung; dann kochte sie
das Essen für die zweite Bande.
Mittags um zwölf Uhr kam der Hauptmann mit seinen zwölf Spiesgesellen
an. Keck ging der Schuster auf sie zu und sprach: "Einen schönen
Gruß von unserm Hauptmann, und er hätte den König erwischt und
käme um zwei Uhr mit ihm und unsern Leuten hierher; ihr solltet auf ihn
warten." "Hat er ihn?" rief der Hauptmann. "Ärgert
mich, dass ich ihn nicht fangen konnte, aber wir wollen doch lustig darauf
essen und trinken. Setzt euch zu uns." Da setzten sich die Beiden zu den
Räubern und legten die Messer und Gabeln so, wie die erste Bande sie
gelegt hatte. Sprach der Hauptmann: "Nun sehe ich erst, dass ihr zur Bande
gehört, bisher traute ich euch nicht, besonders dir nicht, Jäger,
denn du siehst aus, als könntest du keinen Floh knicken!" Der
Schuster fiel ihm in die Rede und erzählte viel von Mordtaten und
Räubereien, welche die andere Bande seit gestern begangen habe, so dass
die Räuber den Jäger ganz vergaßen. Nach dem Essen machte jeder
sein Stückchen und der Schuster macht wieder seins mit dem siedendem
Öl und so vortrefflich, dass keiner von den Räubern sich beklagen
konnte, er habe zu wenig bekommen. "Was könnt ihr mit euren
verbrannten Köpfen noch machen, " rief er dann und hieb sie ihnen ab.
Von dem Jäger war wieder keine Spur zu sehen. Als er die alte Frau frug,
sprach sie, er sei auf den Boden gestiegen. Der Schuster stieg ihm nach und
fand ihn in einem Bund Stroh versteckt. "Sind sie Alle tot?" frug der
Jäger in großer Herzensangst. "Geh hinunter und frage sie
selbst," sprach der Schuster. "Aber du bist ein rechter Zwiebelkopf,
mich so im Stich zu lassen." Da kroch der Jäger hervor und freute
sich mit dem Schuster und der alten Frau, dass Alles so gut abgelaufen sei.
Als sie das Räubernest durchsuchten, fanden sie ungeheure Schätze von
Gold, Silber und Edelsteinen, Kleider, Waffen und andern Dingen. Diese
schenkten sie dem Kloster, welches in der Nähe am Saume des Waldes lag und
die alte Frau folgte den Schätzen in das Kloster, denn sie wollte nichts
mehr von der Welt wissen. Der Schuster nahm nur so viel Geld für sich, als
in seine Taschen ging, der Jäger aber wollt nichts anrühren.
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