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Der Fischersohn, der Rappe und der Schimmel

Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 1 ( von 3 )

In einem großen Walde lag ein großer See, daran wohnte ein Fischer mit seiner Frau. Gott hatte ihnen fünf Söhne geschenkt, einer schöner als der andere. Jeden Tag sobald der Morgen anbrach, zog der Fischer zu dem See und warf sein Netze aus und Abends zog er sie ein und stets hatte er sie voll guter, schöner Fische. Es war als ob ein besonderer Segen auf seiner Arbeit ruhe; der schien von einem kleinen grauen Männchen herzukommen, welches sich jeden Tag an dem See sehen ließ und in dem Kahne und an den Netzen herumsprang, als ob es den Fischen locke.
Als die Söhne größer wurden, mussten sie mit auf den Fischfang ausziehen und das ging der Reihe nach, jeden Tag ein anderer; die übrigen vier trugen derweil die Fische in die Stadt und verkauften sie um ein schön Stück Geld. Der Jüngste, welcher eben zwanzig Jahre alt war, zog auch eines Tages wieder mit zum See, aber das graue Männchen ließ sich an dem morgen nicht blicken und Abends war kein Fisch im Netz. Schon wollten die Beiden heimgehen, da kam es daher gesprungen und frug: "Nun ihr Leutchen, ihr Leutchen, wie geht es heut?" "Schlecht, sehr schlecht," sprach der Fischer, "wir haben nicht einen Fisch gefangen. " "Fischer, willst du mir dort deinen jüngsten Sohn verkaufen?" "Um keinen Preis verkaufe ich mein eignes Fleisch und Blut." rief der Mann. "Ich füll dir deinen Rachen mit purem gelben Gold, so dass du ein reicher Mann bist auf ewige Zeit", sprach das Männchen, "tust du es aber nicht, dann hast du keinen Vorsput mehr und hast gestern deinen letzten Fisch gefangen." Da fing der Fischer doch an, sich die Sache zu überlegen und sprach: "Ja, wenn ich wüsste, wo er bleibt und wie es ihm geht." "Es geschieht ihm gar nichts zu Leide, er hat mir nur zu folgen und zwei Pferde zu füttern, einen Schimmel und einen Rappen. Übrigens mag er spazieren gehen oder reiten und kann tun was er will, darf dich auch alle drei Monate besuchen." "Dann bin ich zufrieden", sprach der Fischer, "wenn nur mein Sohn will." Der war aber ein herzensguter Mensch und sagte: "Vater, da ich euch glücklich machen kann, so gehe ich mit dem grauen Männchen." Der Fischer nahm Abschied von ihm und dem Männchen; als er wieder zu seinem Kahn kam, da glänzten ihm helle Haufen Gold entgegen, so dass er ein steinreicher Mann war.
Der Jüngling folgte dem Männchen, welches ihn immer weiter in den Wald führte bis in ein schönes Schloss. Dort zeigte es ihm alle Zimmer und die waren so prächtig, dass es nicht zu sagen ist. In einem derselben stand eine Menge von Büchern: "die darfst du alle lesen" , sprach das Männchen, "nur das eine dort in der Ecke nicht, es wäre dein Unglück." Zuletzt führte es ihn in den Stall, da standen zwei Pferde, ein Schimmel und ein Rappe: "Diese hast du zu füttern," sprach das Männchen, "und das ist deine einzige Arbeit. Den Schimmel darfst du nie reiten; du musst ihm alle Tage zwei Maas Wein geben, viel gutes Brot, ihn hart striegeln und sauber putzen, denn ich halte große Stücke auf ihn. Der Rappe bekommt Hafer und Heu und Wasser, auf ihm darfst du nach Hause und in den Wald reiten, so viel du willst. Alle Arbeit muss aber bei Tage getan sein und du darfst nie mit licht in den Stall gehen. Tust du das treu und fleißig und befolgst nie die Ratschläge deiner Mutter, dann hast du es gut und dein Glück ist gemacht."
Der Jüngling versprach es und hielt auch sein Wort. Wenn er mit seiner Arbeit fertig war, las er in den Büchern und lernte viele Dinge, die nicht gerade jeder weiß. Aber es hatte doch eine eigene Bewandtnis mit dem Schloss und es ging dort nicht mit rechten Dingen zu. Gewöhnlich sah er nur das Männchen, welches jeden Tag kam und ihn oft wegen seines Fleißes lobte und ermunterte nur so fort zu fahren, es werde sein Glück sein.

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