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Das Schneiderlein und die Hunde

Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 1 ( von 3 )

Ein armes Schneiderlein hatte zu Hause nichts zu verlieren und ging auf Reisen. Es war schon lange marschiert, da kam es eines Tages in einen großen dunklen Tannenwald und es pfiff und sang und war von Herzen vergnügt. Als er eine kurze Strecke in dem Walde gegangen war, kam ein großer Hund dahergelaufen, der bot dem Schneiderlein die Zeit und frug, ob es ihn mitnehmen wolle? "Ich will dich schon mitnehmen, wenn du hinter mir herlaufen und mir untertänig sein willst." "Das will ich", sprach der Hund und lief hinter ihm drein.
Als das Schneiderlein ein Stück des Wegs weiter gegangen war, kam ein zweiter Hund gelaufen, bot ihm die Zeit und frug, ob es ihn mitnehmen wolle? "Eigentlich habe ich mit einem Hunde schon zu viel", sprach das Ritterlein von der Elle, "wenn du mir aber untertänig sein willst und gehorsam, so magst du hinter mir herlaufen, dem andern zur Gesellschaft." "Das will ich", sprach der Hund.
So ging's weiter und weiter und als die drei Reisenden wieder ein Stück Wegs hinter sich hatten, kam ein dritter Hund, der frug auch, ob ihn das Schneiderlein mitnehmen wolle? Da stutzte es aber, denn es wusste schon nicht, woher er das Futter für die zwei andern Hunde hernehmen sollte, doch dachte es zuletzt: "Aller guten Dinge sind drei" und sprach zu dem Hunde: "Wenn du mir treu und untertänig sein willst, magst du in Gottes Namen hinter mir her laufen, wie die beiden andern."
Gegen Abend kamen sie aus dem Walde und sahen ein Dorf vor sich und das erste Haus war ein Wirtshaus. Sprach das Schneiderlein: "Hunger haben wir alle vier, aber wie ein Sechskreuzerstück aussieht, habe ich seit langem vergessen." "Nichts weiter als das?" sagte der erste Hund. "Geh nur du hinein und bestelle für vier Mann Essen und Trinken und kümmere dich nicht um das Bezahlen; dafür lass du uns sorgen." Dem Schneiderlein wuchs der Mut, als er das hörte, es schwang sein Elle dreimal lustig überm Kopf, ging in das Wirtshaus, schlug mit der Faust auf den Tisch und bestellte vier Gedecke und Essen, soviel das Haus vermöchte, Gesottenes und Gebratenes nebst Wein und Bier. Dann warf es sein Felleisen und seinen Hut auf die Bank, die Elle in die Ecke und sich selbst in einen bequemen Lehnstuhl.

Als nun das Essen aufgetragen war, ging die Tür auf und die drei Hunde stürzten herein, sprangen jeder auf einen Stuhl und fingen an zu essen und zu trinken, wie die Menschen, so dass die Wirtin über solchen Verstand die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Nach dem Essen sprach der eine Hund: "Nimm den Weg zwischen die Beine, lass aber Alles hier liegen, es kommt dir nichts fort." Da ging das Schneiderlein mir nichts, dir nichts weg und die Wirtin ließ ihn gehen, weil er sein Felleisen, seinen Hut und seine Elle zurückgelassen; er wird gleich wiederkommen, dachte sie, und will sich nur im Ort umsehen. Sobald die Wirtin aber den Rücken gewandt hatte, packte jeder der Hunde eins der drei Stücke, sprangen zur Tür hinaus und brachten sie ihrem Herrn; da hatte die Wirtin das Nachsehen.
Guten Mutes zog das Schneiderlein weiter; einer der Hunde lief voraus und zeigte den Weg. Bald kamen sie wieder in den Wald und nachdem sie schon manchen Schritt und Tritt darin getan hatten, an einen freien Waldplatz, worauf ein großes Schloss stand. Da blieb der Hund stehen. "Hast du Mut?" frug er das Schneiderlein. "Mehr als Geld," war die Antwort. "Dann binde uns an ein Seil, führe uns in das Schloss und verkaufe uns den Riesen, die da wohnen. Trau ihnen aber nicht, denn sie sind tückisch und arglistig. Damit du vor ihnen sicher bist, wollen wir dir jeder etwas schenken, das wende wohl und klug an und dein glück ist gemacht." Sprachs und gab ihm ein Salbentöpfchen. Wenn man mit der Salbe einen Stuhl bestrich, dann blieb jeder daran hängen, der sich darauf setzte. Der zweite Hund gab ihm ein Stöcklein, wen man damit aufs Haupt schlug, der tat keinen Pieps mehr.

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