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Das Schneiderlein und die Hunde

Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 2 ( von 3 )

Der dritte gab ihm ein Hörnlein: "Wenn du in Not kommen solltest, blase nur darauf und wir werden dir helfen." "Ich muss erst versuchen ob ich auch blasen kann," sagte das Schneiderlein, "wenn man so harte Arbeit tut wie ich, dann wird einem der Atem kurz," setzte das Hörnlein an den Mund und blies hinein. Ach was das für einen Klang hatte! Es war aber nicht des Schneiderleins Atem, der ihm den Klang gab, denn der war so dünn, wie eine Nähnadel.
Es steckte jetzt getrost die drei Stücke ein, band die Hunde an und ging mit ihnen in das Schloss. Da kam es oben an der großen Treppe in einen weiten und hohen Saal, wo die Riesen an einer langen Tafel saßen und aus Bechern tranken, deren jeder wohl ein Viertelohm fasste. Das Schneiderlein zog höflich seinen Hut und frug, ob die Herren Riesen nicht drei schöne Hunde kaufen wollten? Sie beschauten die Hunde rechts und links, sprachen: "Wir behalten sie und wollen sie gleich in den Stall sperren, warte du derweil, bis wir wiederkommen, dann bekommst du dein Geld." Dabei lachten sie boshaft einander zu und warfen Blicke auf das Schneiderlein, von denen es sich nichts gutes versprach. "Pfeift der Wind aus dem Loche", dachte der Ritter von der Elle, "dann will ich euch schon den Spaß verderben," und er kletterte an den Stühlen hinauf und schmierte sie mit seiner Salbe ein, oben und unten, vorn und hinten. Das war sein Glück, denn draußen hielten die Riesen Rat, wie sie das Schneiderlein mit Ehren totmachen und fressen könnten; es sei zwar ein magerer Bissen, aber Menschenfleisch war ihnen etwas Neues und sie wollten vorlieb nehmen, bis sie etwas Besseres bekämen.
Als sie wieder herein kamen, sprachen sie, das Schneiderlein habe sie im Handel betrogen, die Hunde seinen nicht so viel wert und es müsse gefressen werden. Sprach das Schneiderlein: "Ich will gern sterben, wenn ich es verdient habe, aber nicht ohne Urteil und Recht. Haltet zuvor ordentlich Gericht über mich, dann will ich mich verteidigen." Die Riesen lachten, rückten die Stühle in einen Halbkreis und sprachen: "Nun fange an, du Erdwurm." "Setzt euch alle zuvor, wie es einem ordentlichen Gerichte gebührt." Als sie dies getan hatten, nahm das Schneiderlein einen Schemel, setzte sich vor sie hin, stopfte sich eine Pfeife und blies die dicken Wolken so vor sich hin. "Wird's bald?" frugen die Riesen. "Ei ich bin schon fertig, nun mögt ihr euch verteidigen, denn ich verurteile euch alle zum Tode." Die Riesen lachte Anfangs, als ihnen die Sache aber zu lange dauerte wollte sie aufstehen und das Schneiderlein fassen, da klebten sie alle fest und keiner konnte ein Glied rühren. "Nun wird bald?" frug das Schneiderlein und lachte, nahm sein Stöckchen und schlug sie alle auf die Köpfe, einen nach dem andern, da fielen sie hin und waren tot.
"Jetzt will ich von der Arbeit ausruhen", sprach das Schneiderlein zu sich selbst, aber darin betrog er sich gewaltig. Im selben Augenblick hörte es, wie einer mit schweren Tritten die Treppe herauf kam, die Tür flog auf und herein schritt ein Riese, noch einmal so groß als die andern. Das war aber der Riesenkönig, der eben von der Jagd nach Hause kam. Als dieser sah, was vorgegangen war, frug er das Schneiderlein, wer die riesen ermordet habe? "Das hab' ich getan." "Hast du das getan bekommst du deine Strafe dafür. Zum Fressen bist du zu schlecht, aber als Spatzenscheuche kannst du allenfalls dienen, darum will ich dich in den Garten aufhängen." Sprachs, hob das Schneiderlein bei den Beinen auf und trug es in den Garten, wo ein hoher Galgen stand. Er setzte es oben drauf und fing an die Schlinge zu drehen. Da besann es sich kurz, zog sein Hörnlein aus dem Sack und blies aus Leibeskräften hinein, dass es zehn Meilen in die Runde scholl. Mit einemmal standen die drei Hunde da und hatten ihre zerrissenen Ketten am Halse. "Schneiderlein steig herab!" sprach der Erste. "Ich darf nicht, der da will mich hängen." Da fielen die drei Hunde über den Riesenkönig her und zerrissen ihn in tausend Stücke.

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