Maerchen.org - Sonnenkind
Impressum

   Märchen von ...
   Gebrüder Grimm
   Ludwig Bechstein
   Wolf
   Hans Christian Andersen
   Hauff
   ETA Hoffmann
   Tausendundeine Nacht


   Märchen aus aller Welt
   neuere Märchen

   beliebte Märchen
   Schneewittchen
   Dornröschen
   Rapunzel
   Rotkäppchen
   Aschenputtel
   Hänsel und Gretel
   Bremer Stadtmusikanten
   Der Froschkönig
   Das hässliche Entlein


   Alice im Wunderland
   illustriert
   und auf englisch




   Links ins Internet
   Märchenseiten
   Literaturseiten
   Internetseiten



Sonnenkind

Märchen von Paula Dehmel, Seite 2 ( von 3 )

Ihr könnt euch gar nicht denken, wie herrlich das war! Sonnenkind aber winkte wieder mit den Zweigen; da senkten die Schmetterlinge wie zum Gruß ihre Fühlerchen und flogen weithin über das Feld.
Sonnenkind aber streckte die Nusszweige wieder aus und sang:
Ihr Elfenseelchen,
ihr Sonnenstrählchen,
kommt, ich will mit euch spielen!
Da fielen wohl hundert kleiner goldner Strahlen auf die Nussblätter; Sonnenkind ordnete sie und spielte mit ihnen Fangball. Er warf sie so seltsam geschickt in die Höhe und nach den Seiten, dass es wie lauter Blitze um uns zuckte, und dass ich vor Helligkeit gar nichts daneben erkennen konnte. Endlich hatte er alle in der Hand und fing an, mit den goldnen Dingern zu bauen. Wunderliche Türme wuchsen hoch, Brücken, unter denen das Wasser glänzte, goldne Gärten mit Springbrunnen und blühenden Blumen. Ich war wie verzaubert, fasste Sonnenkind um den Hals und küsste ihn. Er aber warf die Sonnenstrahlen wieder in die Luft, wo sie wie Sprühregen zergingen.
Warte, nun wollen wir Greifen spielen", sagte er und gab mir eins der großen Nussblätter. Da war mir, als hätte ich keine Füße; ich lief über die Ähren, ohne sie zu treten, ich konnte auf die Bäume, ohne zu klettern, und jauchzend versuchte ich Sonnenkind zu fangen; der aber war schneller als ich; immer, wenn ich dachte, ich hätte ihn, war er wieder weg und lachte mich mit seinen blauen Augen auffordernd an. Endlich, ich glaube, er hat sich mit Willen fangen lassen, hielt ich ihn fest. Atemlos und lachend setzten wir uns auf einen Stein, legten die Hände um unsere Schultern und ruhten uns aus. Um uns blühten Kornblumen und wilder Mohn; ich machte einen Kranz für Sonnenkind und freute mich, wie schön der zu seinem blonden Haar stimmte.
"Wollen wir zum Schluss noch eine Eisenbahnfahrt machen?" fragte er, und als ich nickte, sang er:
Spinnlein spinnt
wie der Wind
eine Bahn für Sonnenkind
Da kamen hundert große Spinnen angekrochen, und ehe ich's begreifen konnte, waren kleine Geleise in der Luft gesponnen und eine niedliche Lokomotive aus Nussschalen kam angesaust. "Fürchte dich nicht," lachte Sonnenkind, "mein Wagen ist sicher," und als er mich mit den Nussblättern berührte, waren wir klein wie Ameisen, und nun ging's blitzschnell über Wälder und Seen, über Städte, die wie Puppenhäuschen unten lagen, in die Welt hinein. Als wir am Mond vorbeikamen, machte der große Augen und rief:
"Wollt ihr wohl zu Bett, ihr Krabben?" Wir aber ätschten ihn aus und fuhren weiter, bis ans Meer. Da sahen wir still zu, wie die großen Wellen kamen, an den Strand liefen und zurückfluteten; immer wieder, immer wieder, und hörten dem Brausen zu, das von weit her tönte und doch so nah war.
Als wir nach Hause fuhren, fasste ich Sonnenkind bei der Hand und sagte: "Willst du nicht bei mir bleiben? Ich habe dich so lieb, lieber als Bruder Karlmann; komm mit, meine Mutter wird sich auch freuen, du kannst in Karls Bett schlafen, und wenn wir fertig sind mit arbeiten, spielen wir zusammen." Sonnenkind streichelte mir die Backen, küsste mich und sagte: "Nein, kleines Mädchen, so wie ich dich lieb habe, habe ich all die andern Kinder auch lieb; und wenn sie recht traurig sind, komme ich uns spiele mit ihnen. Weißt du, wohin ich morgen gehen werde?" "Zu Karlmann," rief ich, "Gewiss zu Karlmann." "Ja, das will ich, der arme Junge!

Seite: Seite 1 - Sonnenkind   Seite 2 - Sonnenkind   Seite 3 - Sonnenkind






Maerchen.org
copyright © 2007, camo & pfeiffer



Märchensammlung - Sonnenkind