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Des kleinen Hirten Glücktraum

Märchen von Ludwig Bechstein, Seite 3 ( von 3 )

Als der Wirt sich entfernt hatte, zog er flugs seine ledernen Hosen aus , schüttelte sich ein Häuflein Goldstücke, und kaufte sich kostbare Kleider und Waffen und Schmuck, tat alles an und ließ dann beim König um eine Audienz bitten. Und wie er in das Schloss kam, und von zwei Kammerherren durch einen großen herrlichen Saal geführte wurde, begegnete ihnen eine wunderliebliche junge Dame, die sich anmutig vor dem schönen Jüngling, der in der Mitte der Herren ging und sie zierlich grüßte, verneigte, und die Herren flüsterten: "Das ist die Prinzessin Tochter des Königs." Der junge Mann war nicht wenig von der Schönheit der Königstochter entzückt, und seine Entzückung und Begeisterung ließen ihn keck und mutvoll vor dem Könige reden. Er sprach: "Königliche Majestät! Ich biete hiermit untertänigst meine Dienste als Krieger an. Mein Heer, das ich Euch zuführe, soll Euch den Sieg erfechten, mein Heer soll alles erobern, was mein König zu erobern befiehlt. Aber eine Belohnung bitte ich mir aus, dass ich, wofern ich den Sieg davon trage, Eure holde Tochter als Gemahlin heimführen dürfte. Wollt Ihr das, mein gnädigster König?" Und der König erstaunte ob der kühnen Rede des Jünglings und sprach: "Wohl, ich gehe in Deine Forderung ein; kehrst Du heim als Sieger, so will ich Dich als meinen Nachfolger einsetzen und Dir meine Tochter zur Gemahlin geben."
Jetzt begab sich der ehemalige Hirte ganz allein hinaus auf das freie Feld und begann sein Schwert drauf und drein in die Erde zu stoßen, und in wenigen Minuten standen viele Tausende kampfgerüstete Streiter auf dem Platz, und der Jüngling saß als Feldherr kostbar bewaffnet und geschmückt auf einem herrlichen Ross, welches mit goldgewirkten Decken und blitzenden Zäumen behangen war. Und der junge Feldherr zog aus, und dem Feind entgegen, da gab es eine große blutige Schlacht; aus dem Hut des Feldherrn donnerten unaufhörlich tödliche Schüsse, und das Schwert desselben rief ein Regiment nach dem andern aus der Erde hervor, so dass in wenigen Stunden der Feind geschlagen und zerstreut war, und die Siegesfahnen auf dem eroberten Lager wehten. Der Sieger aber folgte nach, und nahm dem Feinde auch noch den besten Teil seines Landes weg. Siegreich und glorreich kehrte er dann zurück nach Spanien, wo ihn das holdeste Glück noch erwartete. Die schöne Königstochter war nicht minder entzückt von dem schmucken Jüngling gewesen, wie sie ihm im Saal begegnet war, als er von ihr; und der gnädigste König wusste die sehr großen Verdienste des tapferen Jünglings auch gebührend zu schätzen, hielt sein Wort, gab ihm seine Tochter zur Gemahlin und machte ihn zu seinem Nachfolger und Thronerben.
Die Hochzeit wurde prunkvoll und glänzend vollzogen, und der ehemalige Hirte saß ganz im Glück. Bald nach der Hochzeit legte der alte König Krone und Zepter in die Hände seines Schwiegersohnes, der saß stolz auf dem Thron und neben ihm seine holde Gemahlin, und es wurde ihm, als dem neuen König, von seinem Volke die Huldigung gebracht. Da gedachte er seines so schön erfüllten Traumes, und gedachte seiner armen Eltern, und sprach, als er wieder allein mit seiner Gemahlin war: "Meine Liebe, sieh, ich habe auch noch Eltern, aber sie sind sehr arm, mein Vater ist Dorfhirte, weit von hier, in Deutschland, und ich selbst habe als Knabe das Vieh gehütet, bis mir durch einen wunderbaren Traum offenbart wurde, dass ich noch König von Spanien werde. Und das Glück war mir hold, sieh ich bin nun König, aber meine Eltern möchte ich auch gerne noch glücklich sehen, daher ich mit Deiner gütigen Zustimmung nach Hause reisen und die Eltern holen will." Die Königin war's gerne zufrieden, und ließ ihren Gemahl ziehen, der sehr schnell zog, weil er die Siebenmeilenstiefel hatte. Unterwegs stellte der junge König die Wunderdinge, die er den Räubern abgenommen, ihren rechtmäßigen Eigentümern wieder zu, bis auf die Stiefel, holte seine armen Eltern, die vor Freude ganz außer sich waren, und dem Eigentümer der Stiefel gab er für dieselben ein Herzogtum. Dann lebte er glücklich und würdiglich als König von Spanien bis an sein Ende.

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