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Der kleine Tuk
Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 2 ( von 3 )
Und der kleine Tuk lag in seinem Bette, und es war ihm, als ob er träumte
und doch wieder nicht träumte, aber es war Jemand dicht neben ihm.
"Kleiner Tuk, kleiner Tuk!" sprach es; das war ein Seemann, eine ganz
kleine Figur, als wenn es ein Kadett wäre. "Ich soll vielmals
grüßen von Corsör. Das ist eine Stadt, welche im Aufblühen
ist; es ist eine lebhafte Stadt, sie hat Dampfschiffe und Postwagen;
früher wurden sie immer hässlich genannt, aber das war eine veraltete
Ansicht." - "Ich liege am Meer", sagte Corsör; "Ich
besitze Landstraßen und Lusthaine, und ich habe einen Dichter geboren,
der belustigend war, und das sind sie nicht alle. Ich habe ein Schiff zur Fahrt
rings um die Erde aussenden wollen, ich tat es nicht, hätte es aber tun
können, und dann dufte ich herrlich, dicht am Tore blühen die
schönsten Rosen!"
Der kleine Tuk sah dieselben, es wurde ihm rot und grün vor den Augen, als
aber Ruhe in das Farbenspiel kam, da war es ein großer waldbewachsener
Abhang dicht bei dem klaren Meerbusen; und hoch oben lag eine prächtige
alte Kirche mit zwei hohen spitzen Kirchtürmen. Aus dem Abhange sprangen
die Quellen in dicken Wasserstrahlen hervor, so dass es plätscherte, und
dicht daneben saß ein alter König mit einer goldenen Krone auf
seinem langen Haar, das war König Hroar bei den Quellen, bei der Stadt
Roeskilde (Roesquelle), wie man sie jetzt nennt. Und über den Abhang hin
gingen alle Könige und Königinnen Dänemarks Hand in Hand, alle
mit den goldenen Kronen auf dem Kopfe, in die alte Kirche, und die Orgel
spielte und die Quellen rieselten. Der kleine Tuk sah Alles, hörte Alles.
"Vergiss die Stände nicht!" sagte der König Hroar.
Auf einmal war Alles wieder fort; ja, wo war es geblieben? Es war gerade, als
ob man ein Blatt in einem Buch umschlägt. Und nun stand eine alte Frau da,
es war eine Jäterin, sie kam von Sorö, wo Gras auf dem Markte
wächst. Sie hatte ihre graue Leinwandschürze über den Kopf und
den Rücken hinabhängen; diese war nass, es musste geregnet haben.
"Ja, geregnet hat es!" sagte sie und dann erzählte sie manches
Belustigende aus der Holbergs Komödien und wusste von Waldemar und
Absalon; aber auf einmal schrumpfte sie zusammen und wackelte mit dem Kopf, es
war gerade, als ob sie springen wollte. "Koax!" sagte sie, "es
ist nass, es ist totenstille in Sorö!" Sie war auf einmal ein Frosch,
"Koax!" und dann war sie wieder die alte Frau. "Man muss sich
nach der Witterung kleiden!" sagte sie. "Es ist nass, es ist nass!
Meine Stadt ist gerade wie eine Flasche; beim Pfropfen muss man hinein, und da
muss man auch wieder hinaus! Ich habe früher Fische gehabt, und jetzt habe
ich frische rotwangige Knaben auf dem Boden der Flasche; da lernen sie
Weisheit: Griechisch! Griechisch! Koax!" Das klang gerade, als ob die
Frösche quakten oder als ob man mit großen Stiefeln im Moorwasser
geht. Es war immer derselbe Laut, so einförmig, so langweilig, so
ermüdend, dass der kleine Tuk fest einschlief und das tat ihm wohl.
Aber auch in diesem Schlaf kam ein Traum, oder was es sonst war; seine kleine
Schwester Marie mit den blauen Augen und den gelben gelockten Haaren war auf
einmal ein erwachsenes, schönes Mädchen, und ohne Flügel zu
haben, konnte sie fliegen, und sie flogen über Seeland, über die
grünen Wälder und die blauen Gewässer dahin.
"Hörst du die Hühner krähen, kleiner Tuk? Kikiriki! die
Hühner fliegen aus der Stadt Kjöge auf! Du bekommst einen
Hühnerhof, Du wirst ein reicher und glücklicher Mann werden! Dein
Haus wird stolz prangen wie der Turm Waldemars, und reich wird es gebaut werden
mit Statuen von Marmor, gleich denen von Prästo, du verstehst mich wohl!
Dein Name wird mit Ruhm weit durch die Welt fliegen, wie das Schiff, welches
von Corsör hätte ausgehen sollen, und in der Stadt Roeskilde -
"gedenke der Stände!" sagte der König Hroar - da wirst du
gut und klug sprechen, kleiner Tuk, und wenn du dann einst in dein Grab kommst,
dann sollst du so ruhig schlummern - "
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