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Der Flachs
Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 3 ( von 3 )
Und alles Papier lag in einem Bündel auf dem Feuer. Uh, wie flammte es
empor! "Uh!" sagte es, und gleichzeitig war da Alles eine Flamme; die
ging höher empor, als der Flachs je seine kleine blaue Blume hatte erheben
können, und glänzte, wie die weiße Leinwand nie hätte
glänzen können. Alle die geschriebenen Buchstaben wurden
augenblicklich ganz rot und alle Worte und Gedanken gingen in Flammen auf.
"Nun gehe ich gerade zur Sonne hinauf!" sprach es in der Flamme, und
es war, als ob tausend Stimmen das mit Einem Munde sagten, und die Flamme
schlug durch den Schornstein oben hinaus. - - Feiner als die Flammen, dem
menschlichen Auge ganz unsichtbar, schwebten kleine Wesen, an Zahl den Blumen,
die der Flachs getragen hatte, gleich. Sie waren noch leichter, als die Flamme,
welche sie führte, und als diese erlosch und von dem Papier nur noch die
schwarze Asche übrig war, tanzten sie noch einmal darüber hin, und wo
sie dieselbe berührten, erblickte man ihre Fußtapfen, das waren die
roten Funken. "Die Kinder kamen aus der Schule und der Schulmeister war
der Allerletzte." Das war ein Freude mit anzusehen, die Kinder des Hauses
standen und sangen bei der toten Asche:
"Schnipp-Schnapp-Schnurre,
Basselurre,
Aus ist das Lied!"
Aber die kleinen unsichtbaren Wesen sagte alle: "Das Lied ist nie aus, das
ist das schönste von Allem! Ich weiß es, und deswegen bin ich der
Allerglücklichste!"
Aber das konnten die Kinder weder hören, noch verstehen und das sollten
sie auch nicht, denn Kinder brauchen nicht alles zu wissen.
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