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Der bekehrte König

Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 3 )

Man erzählt noch: Ein gewisser König reiste einst verkleidet in seinem Reiche umher und kam durstig in einem großen Dorfe an. Da blieb er vor der Türe eines Hauses stehen und forderte Wasser. Eine sehr schöne Frau kam aus dem Hause mit einem Becher voll Wasser und überreichte ihn ihm. Nachdem der König getrunken hatte, betrachtete er die Frau und fand sie so reizend, dass er ihr Liebeserklärungen machte. Die Frau, die ihn wohl kannte, nahm ihn mit in's Haus, hieß ihn sitzen, legte ihm ein Buch vor und sagte: "Unterhalte dich einstweilen damit, ich muss nur schnell etwas besorgen, dann komme ich wieder." Der König setzte sich und fing an in dem Buche zu lesen; es enthielt Warnungen gegen den Ehebruch und die Strafen, die Gott über den Ehebrecher verhängt. Da überfiel ihn ein Schaudern und er beschloss, sich zu bekehren. Er rief sogleich die Frau, gab ihr das Buch und ging fort. Als der Gatte dieser Frau nach Hause kam, erzählte sie ihm das Vorgefallene. Er war sehr verlegen und fürchtete sich, der König möchte doch noch nach ihr gelüsten, und wagte es nicht mehr, von jenem Augenblicke an, sie zu berühren. Nach einiger Zeit erzählte die Frau ihren Verwandten, dass ihr Gatte nicht mehr seine Pflichten gegen sie erfülle. Da führten sie ihn zum König und sagten: "Gott verherrliche unsern König! Hier ist ein Mann, der ein Stück Land von uns gepachtet hat, um es anzubauen und zu besäen, das hat er auch einige Zeit lang getan, nun aber lässt er es brach liegen, er besäet es nicht mehr, und doch gibt er es uns nicht zurück, dass wir es durch einen Andern besäen lassen, und so fürchten wir, das Land möchte, wenn es nicht wieder behaut wird, zu Grunde gehen.
Da sagte der König zum Manne: "Warum besäest du dein Feld nicht?" Der Mann antwortete: "Gott erhebe den König! Ich habe gehört, es sei ein Löwe auf das Feld gekommen, den ich so sehr fürchte, dass ich mich meinem Felde nicht mehr zu nähern wage, denn ich weiß wohl, dass ich zu schwach bin, um mich ihm zu widersetzen." Der König merkte nun, wovon es sich handelte, und sagte zu dem Manne: "Geh' nur und besäe dein vortreffliches Feld wieder, der Löwe wird es nie mehr betreten und dir nie was zu Leide tun; Gott segne dich!" Sodann ließ er noch für ihn und seine Gattin kostbare Geschenke herbeiholen und entließ sie damit.

Abu Bekr, der Sohn Muhammeds, erzählt: Ich reiste einst von Anbar nach Amurijeh in Griechenland und stieg in der Nähe der Stadt vor einem Kloster, das am Wege lag, ab. Der Prior des Klosters, welcher Diener des Messias hieß, kam mir entgegen und führte mich in's Kloster, das vierzig Klosterbrüder enthielt, und ich ward von ihnen recht gastfreundlich bewirtet; auch sah ich bei ihnen eine Frömmigkeit, die ich noch nie gefunden. Nachdem ich meine Geschäfte in Amurijeh versehen hatte, kehrte ich wieder nach Anbar zurück. Ein Jahr darauf pilgerte ich nach Mekka, und als ich am Festtage den Kreis um den Tempel machte, sah ich den Prior, Diener des Messias, auch um den Tempel ziehen mit fünf seiner Klosterbrüder. Nachdem ich mich überzeugt hatte, dass er es war, ging ich auf ihn zu und fragte ihn: "Bist du nicht der Prior, Diener des Messias?" Er antwortete: "Nein, ich heiße jetzt Diener Gottes, der Einsiedler." Da küsste ich seinen Bart und weinte. Dann ergriff ich seine Hand und bat ihn, mit zu sagen, warum er Muselmann geworden. Er antwortete: "Die Ursache meiner Bekehrung ist wunderbar. Einst reisten nämlich einige fromme Muselmänner durch den Flecken, neben welchem unser Kloster liegt, und schickten einen Jüngling, der bei ihnen war, aus, um Speisen einzukaufen. Da sah der Jüngling eine junge Christin auf dem Markte, welche Brot verkaufte, und fand sie so schön, dass er sich in sie verliebte und vor heftiger Leidenschaft ohnmächtig dahinsank. Als er wieder zur Besinnung kam, ging er zu seinen Reisegefährten und erzählte ihnen, was ihm begegnet, und sagte: "Reiset ihr nur weiter, ich werde nicht mit euch gehen."

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