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Der
bekehrte König
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 3 ( von 3 )
Am folgenden Morgen kamen zwei alte Muselmänner in den Flecken mit
härenen Kleidern, auch zwei alte Frauen waren bei ihnen, eben so
gekleidet, und sagten: "O ihr Bewohner des Fleckens! Gott der Erhabene hat
eine seiner Heiligen unter euch als Muselmännin sterben lassen, wir
kommen, um sie als solche zu beerdigen." Aber die Bewohner des Fleckens,
welche nach langem Suchen endlich die Christin tot auf dem Grabe des
Muselmannes fanden, sagten: "Die gehört uns, sie ist in unserm
Glauben gestorben und wir wollen sie beerdigen." Die Alten behaupteten
hingegen, sie sei als Muselmännin gestorben. Nach langem Streit sagte
endlich einer der Alten: "Wollt ihr euch überzeugen, dass sie als
Muselmännin gestorben, so lasset alle vierzig Priester aus dem Kloster
kommen, um sie von Grabe wegzubringen; vermögen sie es nun, so gebe ich
zu, dass sie als Christin beerdigt werde. Bringen sie sie aber nicht von der
Stelle, dann möge Einer von uns es versuchen, sie wegzuziehen, und gelingt
es ihm, so dient es als Beweis, dass sie als Muselmännin gestorben."
Die Bewohner des Fleckens waren mit dieser Probe zufrieden und ließen
sogleich die vierzig Klosterbrüder kommen, um sie wegzutragen, aber sie
konnten es nicht. Zwar nahmen sie ein sehr starkes Seil, und banden es um ihren
Körper und zogen mit aller Kraft daran, aber das Seil zerriss, zuletzt
versuchten sogar noch alle Bewohner des Fleckens, sie wegzutragen, aber dennoch
brachten sie sie nicht von der Stelle. Endlich sagten sie einem der Alten:
"Nun versuche du es, sie wegzutragen." Er näherte sich ihr,
fasste ihren Oberrock und sagte: "Im Namen Gottes des Barmherzigen, des
Allmilden!" nahm sie auf den Arm und trug sie in eine Höhle dort in
der Nähe; die zwei alten Frauen wuschen sie und hüllten sie in ein
Todengewand, und beerdigten sie neben dem Grabe des Jünglings. Wir alle -
fuhr der Diener Gottes fort - sahen dies mit unsern Augen. Als wir daher allein
unter einander waren, sagte Einer zum Andern: "Es ist unsre Pflicht, die
Wahrheit anzuerkennen, die sich uns so klar offenbart hat. Wie können wir
einen sichern Beweis für die Echtheit des islamitischen Glaubens fordern,
als den, den wir mit eigenen Augen gesehen?" Ich bekehre mich daher zum
Islamismus mit allen Priestern des Klosters und allen Einwohnern des Fleckens.
Wir schickten dann nach Djezireh und ließen um einen frommen Lehrer
bitten, der uns mit den Grundsätzen des Islams und der Art und Weise des
Gottesdienstes bekannt machte, und so leben wir nun im schönsten Segen.
Gott sei gelobt und gepriesen!
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