Maerchen.org - Von einem Pfarrer, der allzu kräftig predigte
Impressum

   Märchen von ...
   Gebrüder Grimm
   Ludwig Bechstein
   Wolf
   Hans Christian Andersen
   Hauff
   ETA Hoffmann
   Tausendundeine Nacht


   Märchen aus aller Welt
   neuere Märchen

   beliebte Märchen
   Schneewittchen
   Dornröschen
   Rapunzel
   Rotkäppchen
   Aschenputtel
   Hänsel und Gretel
   Bremer Stadtmusikanten
   Der Froschkönig
   Das hässliche Entlein


   Alice im Wunderland
   illustriert
   und auf englisch




   Links ins Internet
   Märchenseiten
   Literaturseiten
   Internetseiten



Von einem Pfarrer, der allzu kräftig predigte

Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 1 ( von 2 )

Es war einmal ein Bauer, der war so dumm, dass er sein eignes Haus im Orte nur daran kannte, dass ein Kirschbaum vor der Tür stand. Jeden Morgen, wenn er aufs Feld zur Arbeit ging, gab seine Frau ihm ein Stück Brot, damit musste er umspringen bis zum Abend. Kam einmal ein armer Handwerksbursche daher und bat ihn um ein Almosen: "Ich hab nur ein Stück Brot, da ist es," sprach der Bauer, "aber im Orte steht ein Haus und davor ein Kirschbaum, da wohne ich; gehe dahin und lass dir mehr geben, meine Frau ist zu Hause." Der Handwerksbursche, welcher ein Schneider seines Zeichen war, ging in das Dorf, suchte das Haus und sagte der Frau, ihr Mann habe ihn zu ihr geschickt und sie solle im etwas geben. Da gab sie ihm vollauf, denn er war ein schöner Mensch und er gefiel ihr. Sie klagte ihm, wie sie mit ihrem dummen Manne so übel dran sei und von Herzen wünsche, von ihm erlöst zu werden. "Ei da ist nichts leichter," sprach der Schneider, "wenn du mich heiraten willst, will ich alles Übrige schon in Ordnung machen." Das garstige Weib freute sich zu sehr, als sie das hörte, fiel dem Schneider um den Hals und rief ein über das andermal: "Ach was bin ich für eine glückliche Frau!" "Gib mir vor allem die Säge," sprach der Schneider und geh mit vor die Haustüre." Das geschah und da sägten sie den Kirschbaum unten an der Wurzel ab und schleiften ihn in die Scheune. "Jetzt sind wir geborgen," sprach der Schneider, "nun lass uns lustig leben." Da hausten die Beiden mit des Bauern sauer verdientem Geld, dass es eine Schande war; Wein und Braten konnte nicht alle werden.
Als der Bauer auf dem Felde mit seiner Arbeit fertig war, trieb er mit seinen Kühen nach dem Dorfe zurück. Da suchte er die Straße hinauf, die Straße hinab nach dem Haus mit dem Kirschbaum davor, aber er fand es nicht, und fand es nicht. Die Beiden standen am Fenster, sahen, wie der arme Bauer suchte und lachten. Endlich sprach der Schneider, der doch kein so ganz verdorbenes Herz hatte, wie das Weib: "Wir wollen ihn doch die Nacht noch einmal bei und logieren lassen. Morgen mag er sehn, wie er sich forthilft." Er trat an die Tür und als der Bauer wieder vorbeikam und ein recht betrübtes Gesicht machte, rief er ihm zu und sprach: "Was fehlt euch denn?" "Ach ich suche mein Haus, davor ein Kirschbaum steht, und kann es nicht finden und habe doch die letzte Nacht darin geschlafen. Sagt mir doch, wo ich mein Haus mit dem Kirschbaume finde," bat der Bauer und der Schneider sprach: "Lieber Freund, ich bin in dem Ort geboren und erzogen, aber ein Haus mit einem Kirschbaum habe ich nie hier gesehen. Ihr müsst in einem andern Ort zu Hause sein. Da es aber schon spät ist, so geht mit mir und übernachtet bei mir." "Gott lohn's euch!" sagte der Bauer und bot ihm treuherzig die Hand, dann trieb er seine Kühe durch das Hoftor in den Stall und der Schneider ging mit. Im Stalle schaute der Bauer sich um und sprach: "Wenn der Stall nicht euch gehörte, weiß der Himmel, ich möchte drauf schwören, es sei mein Stall." "Was sind das für Redensarten? Ihr werdet doch nicht denken, ich hätte euren Stall genommen?" frug der Schneider. "Bewahre, bewahre, lieber Freund," antwortete der Bauer. "Ein Stall kann ja aber dem andern gleichen." Nachdem die Tiere versorgt waren, sagte der Schneider: "Nun kommt herein und esst mit uns zu Nacht." Von Herzen gern, ich habe großen Hunger," sprach der Bauer und folgte dem Schneider. Als sie in die Stube kamen, saß das Weib da und stickte. Der Bauer schaute sich um, guckte das Weib an und sprach: "Wie es einem doch so kurios gehen kann! Wenn ich nicht wüsste, dass ich in eurem Hause bin, wollte ich drauf schwören, das sei meine Stube und dort sitze meine Frau." "Was muss ich da hören?" rief der Schneider. "Zuvor sagtet ihr, dass es euch scheine, mein Stall sei euer, und jetzt wollt ihr gar behaupten, mein Haus und meine Frau seien euer." "Bewahre, lieber Freund," sprach der Bauer, "aber ein Haus und eine Frau können einander gleichen.

Seite: Seite 1 - Von einem Pfarrer, der allzu kräftig predigte   Seite 2 - Von einem Pfarrer, der allzu kräftig predigte






Maerchen.org
copyright © 2007, camo & pfeiffer



Märchensammlung - Von einem Pfarrer, der allzu kräftig predigte