|
Die
Mandelkörbchen
Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 2 ( von 3 )
Der Jüngste war zwar nicht so schön von Angesicht, wie seine zwei
Brüder, doch er hatte ein Herz, das war um soviel schöner. Der sprach
am andern Morgen, er wolle es auch versuchen mit den Mandeln, vielleicht habe
er mehr Glück. "Tu es", sprach der Vater, "aber wenn du
wieder kommst, wie deine Brüder, dann schlag ich dich butterweich."
"In Gottes Namen," sprach der Jüngste und der Vater machte ihm
ein Körbchen voll Mandeln zurecht und legte ein weiß Tüchlein
drauf und der Junge machte sich auf den Weg. Bald begegnete ihm das
Männchen und frug ihn, was er in dem Körbchen habe? "Mandeln um
die Königstochter gesund zu machen" sprach er. "Willst du
vielleicht ein paar haben, es kommt nicht darauf an, denn ich habe doch
genug." "Ich danke dir," sprach das graue Männchen.
"Weil du aber so gut bist, so will ich dich belohnen. Wenn du mit diesem
Pfeifchen pfeifst, dann hast du Alles, was dein Herz begehrt." Mit den
Worten reichte das Männchen ihm ein Pfeifchen und fort war's.
Der junge ging jetzt in die Stadt und gerade auf das Schloss zu und zum
König. "Einen schönen Gruß vom Vater und hier wären
die Mandeln, womit ich die Prinzessin gesund machen kann," sprach er und
bot dem König sein Körbchen. Der König deckte es auf und da
lagen die schönsten Mandeln drin, die man mit Augen sehen kann und lachten
ihn ordentlich an. Er ging gleich damit zur Prinzessin und kaum hatte sie eine
gegessen, da wurde ihr schon wohler und als sie drei gegessen hatte, da war sie
schon halb gesund. Jetzt wollte der Jüngste sie auch zur Frau haben, aber
der König sprach: "Nein, noch nicht, du musst erst drei Aufgaben
erfüllen, wenn du das vollbringst, dann ist die Hochzeit." Das sagte
er aber, weil ihm der Jüngling als Schwiegersohn nicht gefiel. Dieser
frug, was das sei? Da sprach der König: "Draußen steht ein
Maß Hirse, die lasse ich jetzt sähen und du musst bis morgen alle
Körner zusammen lesen, so dass das Maß wieder ganz voll ist."
Das betrübte den Jüngling Anfangs, doch er erinnerte sich bald an
sein Pfeifchen und dachte, das müsse ihn retten. Er ließ die Hirse
ruhig säen, setzte sich auf den Acker und pfiff. Da krabbelte ihm etwas am
Bein, das war der Ameisenkönig und der sprach: "Was befiehlst du, das
ich tun soll?" "Sei so gut und lies die Hirse zusammen," sprach
der Jüngling, und da erteilte der Ameisenkönig seine Befehle und ehe
es Abend wurde, war das Maß Hirse wieder voll, so dass kein Körnchen
daran fehlte.
Das ärgerte den König, darum machte er die zweite Aufgabe viel
schwerer. Er ging mit dem Jüngling ans Meer und warf einen Schlüssel
hinein, wo es gerade am aller tiefsten war. "Den Schlüssel sollst du
mir wiederbeschaffen!" sprach er zum Jüngling; und wenn du das nicht
kannst, dann bekommst du meine Tochter nicht." "Ich will sehen, ob
ich's kann," sprach der Jüngling, und setzte sich ans Meer, und als
es Abend war, da pfiff er auf seinem Pfeifchen. Alsbald regte sich's im Wasser
und ein Fisch mit einer Krone auf dem Kopf schaute aus dem Wasser und sprach:
"Ich bin der Fischkönig, was befiehlst du, das ich tun soll?"
"Sei so gut und lass mir den Schlüssel holen, den der König ins
Meer geworfen hat," sprach der Jüngling. Da ließ der König
alle Fische zusammen kommen und gab ihnen auf, den Schlüssel zu suchen,
und wär ihn brächte, der bekäme ein gutes Trinkgeld. In einem
Augenblicke schossen die Fische auseinander und bald kam einer aus der tiefsten
Tiefe herauf und hatte den Schlüssel im Maul und gab ihn dem
Fischkönig, und der gab ihn dem Jüngling, welcher sich freundlich
dafür bedankte.
Nun ärgerte sich der König erst recht und sann von Neuem, um etwas
noch viel Schwereres auszusinnen. Es dauerte auch nicht lange, da hatte er`s
gefunden. Er ließ den Jüngling kommen und sprach: "Wenn du nun
auch hundert Schafe einen Monat lang auf einen Fleck weidest, ohne das sie
magerer oder fetter werden und ohne das du eins von ihnen verlierst oder dass
ihrer mehr werden, dann bekommst du meine Tochter ganz gewiss."
|
|