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Der graue
Wackerstein
Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 2 ( von 3 )
Er bückte sich um ihn zu fassen, doch da schlug der Jüngling ihn mit
dem Stöckchen vor die Stirn und plumps, da lag er und streckte alle Viere
von sich. In einem Satze war das Männchen da und rief: "Schnell, dass
wir ihn verstecken, bevor die andern kommen!" Sie zogen ihn bei den Haaren
tiefer ins Gebüsch und bedeckten den ganzen Kerl mit dürrem Laub.
Eine Weile drauf, tobte und tappte es wieder durch den Wald als ob der Sturm
hindurch fahre. Das war der zweite Riese, der kam mit großen Schritten
heran, denn er war nicht wenig böse. Als er den Jüngling fand, schrie
er: "Ach du hast aus meiner Schüssel gefressen, so will ich jetzt
dich selber fressen." Damit bückte er sich, aber der Jüngling
traf ihn so wohl an die Stirn, dass er hinstürzte und keinen Laut mehr von
sich gab. Husch war das Männchen wieder bei der Hand und rief:
"Schnell weg mit ihm, ehe der dritte kommt!" Da zogen sie ihn bei den
Haaren zu seinem Kameraden und warfen dürres Laub darauf, so dass man
keine Fingerspitze von den zwei Kerlen sah.
Das graue Männchen hatte Recht, wenn es eilte, dass der Riese auf die
Seite kam. Kaum lag er unter dem Laube, als es durch den Wald schrie und
lärmte. Das war der dritte Riese und der hatte einen Tritt, dass die Erde
davon erbebte. Als er den Jüngling fand, rief er wütend: "Du
hast aus meiner Schüssel gefressen, so will ich dich jetzt selber
fressen." Als er sich aber bückte, den Jüngling zu packen, traf
dieser ihn so gut mit seinem Stöckchen an die Stirn, dass er hinfiel und
keinen Pieps mehr tat.
Nun sprang das Männchen gar fröhlich aus seiner Höhle heraus und
sprach: "Der mag liegen bleiben, denn das ist der letzte; jetzt lass uns
wieder in das Schloss gehen, da sind wir Herren und Meister. Du musst mir
jedoch vorher versprechen, dass du mir in Allem getreulich folgen willst, was
ich dir sage oder auftrage. Du hast gesehen, dass es nur zu deinem Besten
ausschlägt." Der Jüngling versprach dies mit Freuden und folgte
dem Männchen zu dem kohlrabenschwarzen Riesenschloss. Sie traten hinein
und kamen durch die vielen Zimmer endlich in eine Kammer, da hing ein
großes, blankes, scharfes Schwert an der Wand. Das Männchen sprach:
"Nimm das Schwert herunter" und als der Jüngling es getan,
sprach es weiter: "Nun haue mir den Kopf ab." "Ach wie
könnte ich das! du hast mir ja nichts zu Leide getan," rief der
Jüngling, doch das Männchen erzürnte und rief: "Willst du
mir den Kopf abhauen oder soll ich ihn dir abhauen?" Da konnte der
Jüngling wohl nicht anders, er nah das Schwert in beide Hände und
schlug dem Männchen den Hals durch und durch. Als aber der alte Kopf des
Männchens herunter fiel, fielen die grauen Kleider mit ab, wie ein
Schmetterling die garstigen Puppenkleider und da stand eine Jungfrau vor dem
Jüngling, die war so wunderschön, dass er vor lauter Staunen und
Entzücken kein Wort sprechen konnte. Er glaubte nicht anders, als es sei
ein Traum, aber da reichte sie ihm die Hand und sprach: "Siehst du nun,
dass du Recht daran tatest, mit zu folgen?" Dann erzählte sie ihm
ihre ganze Geschichte, die war sehr traurig. Vor vielen Jahren waren die drei
Riesen in die Gegend gekommen, wo ihr Vater als Graf auf dem Schlosse wohnte.
Sie hatten das Schloss überfallen und alles gefressen, was sie da fanden,
die ganze Familie der schönen Jungfrau, den ganze Hofstaat und alles
Gesinde, nur sie selbst hatten die Ungeheuer verschont, als sie aber mit Gottes
Hilfe den Riesen stets entfloh, da verwünschten sie die Jungfrau in ein
graues Männchen; seitdem wurde das Schloss kohlrabenschwarz. Alsdann fuhr
sie fort: "Du hast mich erst halb erlöst, da das Schloss noch nicht
erlöst ist, darum sollst du jetzt dein Werk ganz vollenden. Im Wald steht
die große Rieseneiche, diese musst du aufsuchen. sie hat sieben
Löcher über einander in ihrem Stamm und in dem siebenten sitzt eine
Taube auf zwei Eiern. Die Eier musst du nehmen und mir an dem kopf entzwei
werfen."
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