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Die Karawane

Märchen von Wilhelm Hauff, Seite 1 ( von 2 )

Es zog einmal eine große Karawane durch die Wüste. Auf der ungeheuren Ebene, wo man nichts als Sand und Himmel sieht, hörte man schon in weiter Ferne die Glocken der Kamele und die silbernen Röllchen der Pferde, eine dichte Staubwolke, die ihr vorherging, verkündete ihre Nähe, und wenn ein Luftzug die Wolke teilte, blendeten funkelnde Waffen und hell leuchtende Gewänder das Auge. So stellte sich die Karawane einem Mann dar, welcher von der Seite her auf sie zuritt. Er ritt ein schönes arabisches Pferd, mit einer Tigerdecke behängt, an dem hochroten Riemenwerk hingen silberne Glöckchen und auf dem Kopf des Pferdes wehte ein schöner Reiherbusch. Der Reiter sah stattlich aus, und sein Anzug entsprach der Pracht seines Rosses; ein weißer Turban, reich mit Gold gestickt, bedeckte das Haupt; der Rock und die weiten Beinkleider von brennendem Rot, ein gekrümmtes Schwert mit reichem Griff an seiner Seite. Er hatte den Turban tief ins Gesicht gedrückt, dies und die schwarzen Augen, die unter buschigen Brauen hervorblitzten, der lange Bart, der unter der gebogenen Nase herab hing, gaben ihm ein wildes, kühnes Ansehen. Als der Reiter ungefähr auf fünfzig Schritt dem Vortrab der Karawane nahe war, sprengte er sein Pferd an und war in wenigen Augenblicken an der Spitze des Zuges angelangt. Es war ein so ungewöhnliches Ereignis, einen einzelnen Reiter durch die Wüste ziehen zu sehen, dass die Wächter des Zuges, einen Überfall befürchtend, ihm ihre Lanzen entgegenstreckten. "Was wollt Ihr?" rief der Reiter, als er sich so kriegerisch empfangen sah. "Glaubt Ihr ein einzelner Mann werde Eure Karawane angreifen?" Beschämt schwangen die Wächter ihre Lanzen wieder auf, ihr Anführer aber ritt an den Fremden heran und fragte nach seinem Begehr. "Wer ist der Herr der Karawane?" fragte der Reiter. "sie gehört nicht einem Herrn," antwortete der Gefragte, "sondern es sind mehrere Kaufleute, die von Mecca in ihre Heimat ziehen und die wir durch die Wüste geleiten, weil oft allerlei Gesindel die Reisenden beunruhigen." "So führt mich zu den Kaufleuten, " begehrte der Fremde. "Das kann jetzt nicht geschehen," antwortete der Führer, "weil wir ohne Aufenthalt weiter ziehen müssen, und die Kaufleute wenigstens eine Viertelstunde weiter hinten sind; wollt Ihr aber mit mir weiter reiten, bis wir lagern, um Mittagsruhe zu halten, so werde ich Eurem Wunsche willfahren." Der Fremde sagte hierauf nichts; er zog eine lange Pfeife, die er am Sattel festgebunden hatte, hervor, und fing an, in großen Zügen zu rauchen, indem er neben dem Anführer des Vortrabs weiter ritt. Dieser wusste nicht, was er mit dem Fremden machen sollte, er wagte es nicht, ihn geradezu nach seinem Namen zu fragen, und so künstlich er auch ein Gespräch anzuknüpfen suchte, der Fremde hatte auf das: "Ihr raucht da einen guten Tabak," oder: "Euer Rapp hat einen braven Schritt," immer nur mit einem kurzen "Ja, ja!" geantwortet. Endlich waren sie auf dem Platz angekommen, wo man Mittagsruhe halten wollte. Der Anführer hatte seine Leute als Wachen angestellt, er selbst hielt mit dem Fremden, um die Karawane herankommen zu lassen. Dreißig Kamele, schwer beladen, zogen vorüber, von bewaffneten Führer geleitet. Nach diesen kamen auf schönen Pferden die fünf Kaufleute, denen die Karawane gehörte. Es waren meistens Männer von vorgerücktem Alter, ernst und gesetzt aussehend, nur Einer schien viel jünger als die Übrigen, wie auch froher und lebhafter. Eine große Anzahl Kamele und Packpferde schloss den Zug.
Man hatte Zelte aufgeschlagen, und die Kamele und Pferde ringsumher gestellt. In der Mitte war ein großes Zelt von blauem Seidenzeug. Dorthin führte der Anführer der Wache den Fremden. Als sie durch den Vorhang des Zeltes getreten waren, sahen sie die fünf Kaufleute auf goldgewirkten Polstern sitzen; schwarze Sklaven reichten ihnen Speisen und Getränk.

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