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Die drei
Nüsse
Märchen von Ludwig Bechstein, Seite 1 ( von 2 )
Es war einmal ein Prinz, der war ein großer Jagdliebhaber, und obgleich
seine Eltern ihm das Jagen strenge verboten hatten, so ging er doch eines Tages
wieder in den Wald. Hier verfolgte er anhaltend einen Hirsch, bis dieser sich
in ein großes schönes Haus flüchtete, das plötzlich vor
dem überraschten Jäger stand, der aber auch in dieses Asyl dem Hirsch
nachfolgte. Es war aber diese Haus ein verzaubertes Schloss, und darinnen
lebten drei schöne Prinzessinnen unter strenger Obhut ihrer Eltern, welche
böse Zauberer waren. Kaum war der Jüngling eingetreten, so fiel
hinter ihm ein starkes Gattertor, und er sah sich gefangen. Der alte Zauberer
legte ihm gleich eine Arbeit auf, mit der er sich selbst lösen sollte.
Er sollte mit einem hölzernen Beile und mit einer hölzernen Säge
eine große Menge Holz zerkleinern, wenn er dies nicht vollbringe, ward
gedroht, würde er sein Leben verlieren. Als der Prinz sehr traurig
über die Unmöglichkeit dieser schweren Aufgabe nachdachte und sich
schon auf den unvermeidlichen Tod vorbereitete, trat die eine Prinzessin zu ihm
und sagte mitleidig und freundlich: "Ruhe Du jetzt, müder
Jüngling, ich will Dich von Deinen Sorgen befreien und diese Dir
unmögliche Arbeit für Dich vollbringen." Bald fiel der Prinz in
Schlummer, da er von der Verfolgung des Hirsches sehr ermattet war, und als er
erwachte, war die schwere Aufgabe gelöst. Er dankte der liebreichen
Jungfrau, wobei es geschah, dass ihre Schönheit und Liebenswürdigkeit
sein ganzes Herz bezauberte. Heimlich trug er ihr Herz und Hand an, und die
holde Jungfrau lächelte ihm Gewährung, sagte ihm aber auch
schmerzlich, dass es ihm und ihr noch schwere Kämpfe kosten werde, ehe sie
zum Ziel gelangen würden. "Denn" - so sagte sie - "meine
Eltern werden einen Tag festsetzen, wo ich mit meinen zwei Schwestern ganz
überein angekleidet, vor Dir erscheinen werde, dazu mit bedecktem Gesicht,
so dass es Dir wegen der großen Ähnlichkeit unserer Gestalten schwer
werden wird, mich von ihnen zu unterscheiden; wählest Du aber im Irrtum
eine meiner Schwestern, so kostet es Dir das Leben - vielleicht auch mir, zur
Strafe, dass ich Mitleid mit Dir hatte. Doch will ich, Teurer, Dir ein Zeichen
geben, mich zu erkennen; sieh hier an meinem Halse eine blaue Ader, welche Dir
das bange Klopfen meines Herzens verkünden wird; diese haben meine
Schwestern nicht so sichtbar." - Der ängstliche Tag der schweren Wahl
kam heran. Die sich ganz ähnlichen Schwestern saßen, überein
gekleidet, mit ihren Eltern in einem Zimmer, in welches der Prinz geführt
wurde. Lange sah er zweifelnd und ängstlich die drei Mädchengestalten
an, doch plötzlich gewahrte er die klopfende Ader an dem Halse seiner
auserwählten Braut, die ihm nun von den Eltern zugesagt wurde. Aber diese
hegten beide Zorn und Tücke gegen die jüngste Prinzessin, denn das
war des Prinzen Geliebte, und hatte das Glück gern einer ältern
Tochter gegönnt. Dieses wusste die kluge Braut aber recht gut, und da sie
auch etwas von der Zauberkunst verstand, so gab sie irgend einem Gegenstand im
Palaste eine geheime Kraft, dass, wenn die Mutter aus feindlicher Absicht
fragen würde, ob sie und der Prinz schliefen, eine Stimme immer nein
antwortete. Des Nachts kam wirklich auch die Mutter und fragte ein Mal um das
andere: "Schlaft ihr?" Drei Mal ertönte es: Nein! doch beim
vierten Mal schwieg es. Jetzt glaubte die Mutter nun, sie seien eingeschlafen
und rief dem Vater ganz laut zu: "Jetzt ist die Zeit, jetzt kannst Du den
Prinzen töten!" Dieses entging den lauschenden Ohren des Prinzen und
der Prinzessin nicht; sie flüchteten sich eilend, und als der Vater mit
einem Speer in das Schlafgemach trat, fand er es leer. Als das Brautpaar eine
Strecke geflohen war, sagte die Braut: "Sieh dich um, es brennt mich
heiß auf dem Rücken." Der Prinz tat es, sah sich um und
gewahrte hinter sich einen großen Rabe.
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