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Die beiden
kugelrunden Müller
Märchen von Ludwig Bechstein, Seite 1 ( von 2 )
Es war einmal ein Müller, der war schon an sich sehr stark und dick,
wollte aber auch feste sein gegen Hieb und Stich, gegen Bolz und Pfeil, darum
steckte er sich in eine wunderliche Kleidung. Er ließ sich zuvorderst ein
Wams machen, das fütterte er mit Kalk und Sand, und ließ, um das zu
verbinden, geschmolzenes Pech hineinfließen, hinten machte er ein Futter
von mehreren Körben und vorn beblechte er es mit alten Reibeisen und
Hafendeckeln, da wurde das Wams schwerer als der schwerste Brust und
Rückenharnisch, den jemals ein streithafter Ritter trug.
Darüber zog dieser Müller nun drei Hemden, und unter das Wams legte
er einen wirklichen Panzer an, über die Hemden aber einen Panzer, und
darüber zog er neun lodernde Röcke, wie sie die Wollenweber im
Schwabenland noch heute fertigen. Wenn nun der Müller sich mit diesem
stattlichen Kleiderbollwerk angetan, wobei er die Beine mit mehr als vier alten
übereinander gezogenen Lederhosen verwahrt, so war er ein so stattliches
kugelrundes Kerlchen, dass er ebenso breit war, als hoch, wie eine rechte Kugel
sein muss, und konnte schier nicht ohne Gezwang durch ein Stapeltor aus- und
eingehen, konnte sich auch kaum rühren und regen, und musste denn seine
Freundschaft mit ihm gehen, ihn führen und geleiten. Da er nun
alljährlich zu St. Oswalds Kirchtag ging und sich auch sehen lassen wollte
vor den Leuten, so fuhr er einher auf einem Karren in seiner Rüstung und
so gewappnet, wie Jedermann noch nie gesehen hatte. Den Wagen zogen vier starke
Ochsen, und hinterdrein gingen alle Bauern seines Ortes mit ihren Weibern und
Kindern, die streckten sich, wenn sich ein Feind zeigte, hinter ihres
Müllers Karren, wie hinter eine Feste und Schirmhut. Er war bewaffnet mit
zwei Spießen und einer Armbrust; und neben ihm lag noch ein Bogen nebst
einem Pfeilköcher.
Wenn nun der kugelrunde Müller mit seinem Karren und seinen vier Ochsen an
einem gewissen Berg kam, über welchem der Weg führte, so harrten
seiner dort ein Paar Neffen mit Weib und Kindern, die halfen den Wagen die
Höhe hinaufschieben, während vorn noch sechs Ochsen als Vorspann
zogen, und so brachten sie ihn denn endlich hinauf mit Ach und Krach und
Vergießung vieler Schweißtropfen. Ging es nun auf der andern Seite
des Berges wieder abwärts, so musste eingehemmt werden so viel als nur
möglich, dass es nicht mit dem Kugelrunden kopfüber kopfunter ging.
Wenn seine Sippschaft ich nun endlich am Ziele hatte, so wurde er mit Leitern
und Hebebäumen vom Wagen herabgeschrotet, wie ein großes volles
Weinfass, und dann scharten sie sich um ihn her, und zumeist hinter ihm, wie
die Philister hinter ihrem Goliath.
Dabei war der runde Mehlsack von großer Stärke und Unerschrockenheit
und es ging von ihm die Rede, dass er einst in einem Schimpfspiel, wo ein
Kämpfer einen Apfel, der andre eine Birne an der Spitze seiner Klinge
geführt, und sich ein großer Lärm erhob, dermaßen in den
Haufen mitten hinein geschlagen, wie ein Hagelschauer in das Getreide, so dass
es viele Bauern viel Leids gebracht. Über dar war ihm ein Gegner entgegen
getreten, stark und kräftig, der führte einen Hauptstreich nach dem
Müller, dass seine Blechhaube gleich zu Boden fiel, und meinten Alle, die
das sahen, der Kopf wäre mit dem Rumpfe geflogen; der kugelrunde
Kämpfer hatte aber, wie sein Gegner ausholte, seinen kopf aus der Haube
schnell heraus und unter die hohe Halsberge gezogen, und jetzt tat er einen
Streich nach dem Gegner, der ihm so tief in den Hals schnitt, wie die Sense des
Mähers in das Gras. Da fürchteten sich alle vor dem gewaltigen Mann,
dem die Taten, die man von Recken las, nur ein Spaß schienen.
nun war aber ein anderer Müller in der Nachbarschaft, der war ebenso stark
und groß, eben so kugelrund und trug auch so ein wohlausgefüttertes
und geblechtes Wams, und keiner mochte den Andern leiden, weil keiner dem
andern nachstand.
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