|
Der Richter
und der Teufel
Märchen von Ludwig Bechstein, Seite 1 ( von 2 )
In einer Stadt saß ein Mann, der hatte alle Kisten voll Geld und Gut, er
selbst aber war voll aller Laster, so schlimm war er, dass es die Leute schier
Wunders dünkte, dass ihn die Erde nicht verschlang. Dieser Mann war noch
dazu ein Richter, das heißt, ein Richter, der aller Ungerechtigkeit voll
war. An einem Markttage ritt er des Morgens aus, seinen schönen Weingarten
zu sehen, da trat der Teufel auf dem Heimweg ihn an, in reichen Kleidern und
wie ein gar vornehmer Herr gestaltet. Da der Richter nicht wusste, wer dieser
Fremdling war, und solches doch gern wissen mochte, so fragte er ihn nicht eben
höflich, wer und von wannen er sei? Der Teufel antwortete: "Euch ist
besser, wenn Ihr's nicht wisset, wer und woher ich bin!" -
"Hoho!" fuhr der Richter heraus, "seid wer Ihr wollt, so muss
ich's wissen, oder Ihr seid verloren, denn ich bin der Mann, der hier Gewalt
hat, und wenn ich Euch dies und das zu Leide tue, so ist Niemand, der es mir
wehren wird und kann. Ich nehm' Euch Leib und Gut, wenn Ihr mir nicht auf meine
Frage Bescheid gebt!" "Steht es so schlimm," antwortete der
Arge, "so muss ich Euch wohl meinen Namen und mein gekommen offenbaren;
ich bin der Teufel."
"Hm!" brummte der Richter, "und was ist hier Deines Gewerbes,
das will ich auch wissen?" "Schau, Herr Richter," antwortete der
Böse, "mir ist Macht gegeben, heute in diese Stadt zu gehen, und das
zu nehmen, was mir in vollem Ernst gegeben wird." "Wohlan!"
versetzte der Richter, "tue also, aber lass mich besser Zeuge sein, dass
ich sehe, was man Dir geben wird!"
"Fordre das nicht, dabei zu sein, wenn ich nehme, was mir beschieden
wird," widerriet der Teufel dem Richter; dieser aber hub an, den
Fürsten der Hölle mit mächtigen Bannworten zu beschwören,
und sprach: "Ich gebiete und befehle Dir bei Gott und Gottes Geboten, bei
Gottes Gewalt und Gottes Zorn, und bei allem, was Dich und Deine Genossen
bindet, und bei dem ewigen Gerichte Gottes, dass Du vor meinem Angesicht, und
anders nicht, nehmest, was man Dir ernstlich geben wird."
Der Teufel erschrak, dass er zitterte bei diesen fürchterlichen Worten,
und machte ein ganz verdrießliches Gesicht, sprach auch: "Ei so
wollte ich, dass ich das Leben nicht hätte! Du bindest mich mit einem so
starken Band, dass ich kaum jemals in größerer Klemme war. Ich gebe
Dir aber mein Wort als Fürst der Hölle, das ich als solcher niemals
breche, dass es Dir nicht zum Frommen dient, wenn Du auf Deinen Sinn bestehst.
Stehe ab davon!"
"Nein, ich stehe nicht ab davon!" rief der Richter. "Was mir
auch darum geschehe, das muss ich über mir ergehen lassen; ich will jenes
nun einmal sehen! Und soll' es mir an das Leben gehen!"
Nun gingen Beide, der Richter und der Teufel, mit einander auf den Markt, wo
gerade Markttag war, daher viel Volks versammelt, und überall bot man dem
Richter und seinem Begleiter, von dem Niemand wusste, wer er sei, volle Becher
und hieß sie Bescheid tun. Der Richter tat das auch nach seiner
Gewohnheit, und reichte auch dem Teufel eine Kanne, dieser aber nahm den Trunk
nicht an, weil er wohl wusste, dass es des Richters Ernst nicht war. Nun
geschah es von ungefähr, dass ein Weib ein Schwein daher trieb, welches
nicht nach ihrem Willen ging, sondern die Kreuz die Quere, da schrie das
zornige Weib im höchsten Ärger dem Schwein zu: "Ei so geh zum
Teufel, dass Dich der mit Haut und Haar hole!"
"Hörst Du, Geselle?" rief der Richter dem Teufel zu. "Jetzt
greife hin und nimm das Schwein." Aber der Teufel antwortete: "Es ist
leider der Frau nicht Ernst mit ihrem Wort.
|
|