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Der Richter
und der Teufel
Märchen von Ludwig Bechstein, Seite 2 ( von 2 )
Sie würde ein ganze Jahr lang trauern und sich grämen, nähme ich
ihr Schwein. Nur was mir im Ernst gegeben wird, das darf ich nehmen."
Ähnliches geschah bald hernach mit einem Weib und einem Kind. Das Letztere
ging auch nicht so, wie die Frau es lenken wollte, so dass sie auch zu schreien
begann: "Hole Dich der Teufel, und drehe Dir den Hals um!"
"Hörst Du Geselle?" fragte da wieder der Richter. "Das Kind
ist Dein, hörst Du nicht, dass man es Dir ernstlich gibt?"
"O nein, es ist auch nicht ihr Ernst!" antwortete der Teufel.
"Sie wird bitterlich wehklagen, nähme ich sie beim Wort, und das Kind
nicht fahren lassen."
Jetzt sahen Beide ein Weib, das hatte viel mit einem Kinde zu schaffen, welches
heftig schrie und sich sehr unartig gebärdete, so dass die Frau voll
Unwillen war und ausrief: "Willst du mir nichts folgen, so nehme Dich der
böse Feind ,Du Balg!"
"Nun? nimmst Du auch nicht das Kind?" fragte der Richter ganz
verwundert, und der Teufel antwortete: "Ich habe da keine Macht, das
Kindlein zu nehmen. Diese Weib nähme nicht zehn, nicht hundert und nicht
tausend Pfund, und gönnte mir im Ernst das Kind; wie gern ich's auch
nähme, darf ich doch nicht, denn es ist nicht des Weibes rechten
Ernst."
Nun kamen die Beiden recht mitten auf den Markt, wo das dichteste
Volksgedränge war, da mussten sie ein wenig stille stehen, und konnten
nicht durch das Gewimmel und Getümmel schreiten. Da wurde ein Weib des
Richters ansichtig, das war arm und alt und krank und trug großes
Ungemach; sie begann laut zu weinen und zu schreien, und ließ vor allem
Volk folgende heftige Rede vernehmen: "Weh über Dich, Richter! Weh
über Dich, dass Du so reich bist und ich so arm bin; Du hast mir ohne
Schuld, göttliche und menschliche Barmherzigkeit verleugnet, mein einziges
Kühlein genommen, das mich ernährte, von dem ich meinen ganzen
Unterhalt hatte. Weh über Dich, der Du es mir genommen hast! Ich flehe und
schreie zu Gott, dass er durch seinen Tod und bitteres Leiden, die er führ
die Menschheit und für uns arme Sünder trug, meine Bitte
gewähre, und die ist, dass Deinen Leib und Deine Seele der Teufel zur
Hölle führe!" Auf diese Rede tat der Richter weder Sage noch
Frage, aber der Teufel fuhr ihn höhnisch an, und sprach: "Siehst Du,
Richter, das ist Ernst, und den sollst Du gleich gewahr werden!" Damit
streckte der Teufel seine Krallen aus, nahm den Richter beim Schopf, und fuhr
mit ihm durch die Lüfte von dannen, wie der Geier mit einem Huhn. Alles
Volk erschrak und staunte, und weise Männer sprachen die Lehre aus:
Es ist ein unweiser Rat,
Der mit dem Teufel umgaht.
Wer gern mit ihm umfährt,
Dem wird ein böser Lohn beschert.
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