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Die
verheiratete Meermaid
Märchen der Shetlands-Inseln, Seite 1 ( von 2 )
An einem schönen Sommerabend ging ein Einwohner von Unst auf dem sandigen
Rande einer Voe spazieren. Der Mond hatte sich erhoben, und er sah bei dessen
Licht eine Menge Unterirdischer, die eifrig auf dem weichen Sande tanzten. -
Neben ihnen lagen mehrere Seehundfelle auf der Erde.
Als sich der Mann den Tänzern näherte, hörten sie alle
plötzlich auf, und eilten schnell wie der Blitz ihre Gewänder in
Sicherheit zu bringen; dann sich ankleidend, sprangen sie als Seehunde in die
See. Da nun der Shetländer die Stelle betrat, wo sie gewesen waren, und
die Augen auf den Boden richtete, bemerkte er, dass sie eins von den Fellen,
das gerade vor seinen Füßen lag, zurückgelassen hatten. - Er
ergriff es, trug es schnell fort und brachte es in Sicherheit.
Als er an's Ufer zurückkehrte, sah er das schönste Mädchen von
der Welt; es ging auf und nieder, und beklagte in den traurigsten Tönen
den Verlust seines Seehundgewandes, ohne welches es nie hoffen konnte, wieder
zu seinen Verwandten und Freunden unter dem Wasser zurückzukehren, sondern
wider Willen auf der Oberwelt bleiben musste.
Der Mann näherte sich der Jungfrau, und versuchte sie zu trösten;
umsonst, sie wollte nicht getröstet sein. Sie bat ihn in den
rührendsten Ausdrücken, ihr das Gewand zurückzugeben; aber der
Anblick ihres holdseligen Gesichtes, dass die Tränen noch
verschönten, hatten sein Herz verhärtet. - Er stellte ihr die
Unmöglichkeit ihrer Rückkehr vor, dass ihre Freunde und Verwandten
sie endlich aufgeben würden, und schloss damit, dass er ihr sein Herz und
seine Hand antrug.
Da sie fand, dass ihr nichts anderes übrig blieb, willigte sie zuletzt
ein, seine Frau zu werden. Sie wurden verehelicht und lebten manches Jahr mit
einander, während welcher Zeit sie mehrere Kinder zeugten, die außer
einer dünnen Haut zwischen den Fingern und einer Beugung der Hand, wodurch
diese Ähnlichkeit mit der Vorderpfote eines Seehundes bekam, keine
weiteren Spuren ihrer seeischen Abkunft an sich trugen; jene Merkmale
charakterisieren aber noch heutigen Tages die Abkömmlinge dieser Familie.
Des Shetländers Liebe zu seinem schönen Weibe war unbegrenzt; sie
erwiderte hingegen seine Neigung nur sehr kalt. Oft schlich sie sich allein
fort, und eilte zum einsamen Strande, wo auf ein gegebenes Zeichen ein sehr
großer Seehund erschien, mit dem sie sich ganze Stunden unterhielt;
gewöhnlich kehrte sie dann nachdenkend und traurig nach Hause zurück.
Jahre verstrichen, und ihre Hoffnung die Oberwelt verlassen zu können, war
fast gänzlich erloschen, als die Kinder zufällig eines Tages ein
Seehundfell hinter einem Haufen Getreide fanden. Erfreut über diese Beute,
liefen sie eifrig zu ihrer Mutter, ihr dasselbe zu zeigen. - Mit Entzücken
betrachtete jene das Fell; denn sie erkannte ihr Gewand, dessen Verlust sie so
betrübt hatte. Jetzt glaubte sie sich von allen Banden befreit, und war in
Gedanken schon bei ihren Freunden unter den Wellen. - Eins nur gab es, das
ihrer Wonne Fesseln anlegte. Sie liebte ihre Kinder zärtlich und sollte
sie jetzt für immer verlassen. -
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