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Geschichte
des Schlangenbeschwörers und seiner Frau und Kinder
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 1 )
Wisse, o König! Einst lebte ein Mann, dessen Geschäft war, Schlangen
zu erziehen, um sie über die Zukunft zu beraten. Er hielt seine Schlangen
in einem großen Kruge vor den Seinigen verborgen, ging jeden Morgen damit
in die Stadt, um durch seine Schlangen Nahrung zu suchen, und kehrte abends
wieder nach Hause zurück und verbarg den Krug. Aber eines Tages bemerkte
seine Frau diesen Krug und fragte ihn, was er enthalte? Ihr Mann sagte ihr:
"Was liegt dir daran? haben wir nicht unser tägliches Brot im
Überflusse? begnüge dich damit und frage nicht weiter." Die Frau
schwieg, dachte aber bei sich: Ich werde schon durch irgend eine List Mittel
finden, zu sehen, was in diesem Krug ist. Sie hieß dann auch ihre Kinder,
den Vater zu bitten, dass er ihnen sage, was sein Krug enthalte. die Kinder,
welche glaubten, es sei etwas zu essen darin, plagten nun ihren Vater
täglich, er möchte ihnen doch zeigen, was er in seinem Kruge habe; er
aber wies sie ab und sucht sie durch allerlei Ausreden zufrieden zu stellen.
Nach langer Weigerung des Schlangenbeschwörers verabredeten sich endlich
seine Kinder mit ihrer Mutter, sie wollten vor ihrem Vater Nichts mehr essen
noch trinken, bis er ihnen zeige, was in dem Kruge verborgen. Als der Vater
bald darauf mit allerlei Speisen nach Hause kam und die Kinder zum Essen
einlud, stellten sie sich recht böse und nahmen Nichts an. Der Vater gab
ihnen süße Worte und fragte sie, was sie für Speisen,
Getränke oder Kleidungsstücke wünschten. Sie antworteten aber.
"Wir wollen Nichts, als dass du uns deinen Krug öffnest, damit wir
sehen, was darin ist; sonst bringen wir uns um." Er erwiderte: "Es
wird euch nichts Gutes daraus entsprießen, wohl aber großes
Unglück." doch die Kinder hörten nicht auf zu murren und zu
trotzen, bis ihr Vater einen Stock herbeiholte und ihnen mit Schlägen
drohte und, als sie davon liefen, sie in's Innere der Wohnung verfolgte.
Während er aber mit seinen Kindern beschäftigt war und die Frau
allein mit dem Kruge blieb, in welchem die Schlangen waren, deckte sie ihn auf.
Die Schlangen krochen heraus und töteten sie und ihre Kinder, nur ihr Mann
entkam durch eine schnelle Flucht aus dem Hause. - "Daraus merkte ich mir,
o König! dass kein Mensch so zudringlich Etwas begehren soll, das ihm Gott
nicht gewähren will. Aber du, o König! warst geduldig und ergeben,
hast auf Gott vertrauend ihn nicht zu sehr mit Bitten um ein Kind
bestürmt; er erkannte aber dein Inneres und segnete dich mit einem Sohne,
den er zu deinem gerechten, gottgefälligen Nachfolger heranwachsen lassen
möge." Der siebende Vezier sprach endlich: "Ich habe vernommen,
was die gelehrten sechs Veziere vor mir über deinen ausgezeichneten
Lebenswandel gesagt. Auch ich danke dem Herrn, der dir einen Sohn geschenkt,
die edelste Gabe, die einem Menschen auf Erden werden kann, denn wer kinderlos
stirbt, dessen Andenken erlischt mit ihm. Durch dein Vertrauen auf Gott ging es
dir, wie der Spinne mit dem Winde." Der König fragte, was das
für eine Geschichte wäre? und der Vezier fuhr fort:
Geschichte der Spinne mit dem
Winde
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