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Geschichte
des Jungen mit den Dieben
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 2 )
Sieben Diebe, die eines Tages auf Raub ausgingen, begegneten einem armen
Waisen, der Etwas zu essen erbettelte. Einer der Diebe sagte ihm: "Komm
mit uns, wir geben dir zu essen und zu trinken und kleiden dich." -
"Gerne folge ich euch, wohin ihr wollt," erwiderte der junge,
"und sehe euch als meine Verwandten an." Sie nahmen ihn mit in einen
Garten, in welchem ein großer, schwer mit Früchten beladener
Nussbaum war, hießen ihn hinaufsteigen und ihn schütteln, verboten
ihm aber, auf dem Baume Nüsse zu essen, erst wenn sie alle
abgeschüttelt und aufgelesen sein würden, sollte er seinen Anteil
erhalten. Der Junge tat, wie ihm befohlen, und die Diebe hoben die Nüsse
auf, steckten sie ein und aßen davon. Da kam auf einmal der
Eigentümer des Gartens, machte ihnen Vorwürfe und drohte ihnen, sie
beim Richter zu verklagen. Die Diebe welche sich schon sattgegessen hatten,
entschuldigten sich, indem sie sagten: "Wir gingen hier vorüber und
sahen den Jungen an der Gartentüre stehen, da fragten wir ihn, wer er sei;
er antwortete, er wäre der Eigentümer des Gartens und erbot sich auf
unser Verlangen, uns Nüsse von dem Baum zu schütteln." Als der
Eigentümer des Gartens dies hörte, ließ er den noch hungrigen
Jungen vom Baume herunterkommen, sagte ihm: "Wie wagst du es, du Dieb! in
diesen Garten zu kommen?" und stellte sich an, ihn tüchtig
durchzuprügeln. Der Junge schrie: "O Herr! es ist nicht so, wie diese
Leute sagen; ich bin ein armer Weise, der einige Nahrung suchte, da kamen diese
Leute und wollten mich als ihr Kind annehmen, und als wir hierher kamen,
befahlen sie mir, Nüsse abzuschütteln, ich sollte aber keine essen,
bis sie sie alle aufgelesen." Der Eigentümer des Gartens glaubte ihm
und ließ ihn frei ziehen, warnte ihn aber, die Gesellschaft dieser Diebe
zu meiden. Der arme Junge ging wieder heim, und auch die Diebe machten sich
bald aus dem Wege. "So, o Herr!" schloss die Geliebte des
Königs, wollen auch deine Veziere und Gelehrten dir Mühe und Sorgen
aufladen, damit sie um so mehr Ruhe genießen." Der König
ließ sich von diesen süßen Worten betören, gab ihr seinen
Beifall und sagte: "Du bist mir teurer, als die Alle, und hast durch deine
Ansicht mich von schwerem Kummer befreit, lass uns jetzt essen und trinken und
uns um Niemanden mehr kümmern." Dieses Weib freute sich ihres Sieges
über des Königs Verstand; sie zog ihn immer mehr von den
Regierungsangelegenheiten ab, bis er ganz in Vergnügen und Wolllust
versank. Als des Morgens alle Veziere und Häupter des Reichs und der
Truppen sich in den bekannten Gerichtssaal begeben wollten, um den König
zu erwarten, fanden sie die Türe geschlossen; sie klopften an, aber
Niemand antwortete, und als sie nach dem König fragten, sagte ihnen eine
Frau: er schlafe und halte heute und morgen keinen Diwan. Nun fielen Alle
über Schimas her und sagten ihm: "Wie gefällt dir des
Königs Verfahren gegen dich und gegen uns? Dieser junge König
behandelt uns jeden Tag mit mehr Geringschätzung; unsere Geduld ist nun zu
Ende, geh' einmal zu ihm und sehe, was ihn abhält, zu erscheinen."
Schimas wartete bis Abends, dann sagte er einem Offizier des Königs:
"Sage deinem Herrn, der Vezier Schimas habe ihm Etwas mitzuteilen, das ihm
großen Nutzen und viel Vergnügen verursachen wird." Schimas
traf den König allein und sagte ihm nach wechselseitiger
Begrüßung: "Ich bitte Gott um Verzeihung für mein
Vergehen!" - "Welches Vergehen?" fragte der König.
"Das, welches ich begangen haben muss, um in eine so verächtliche
Stellung zu geraten; ist mir dies vom Schicksal auferlegt, so bitte ich Gott
und dich um Verzeihung, ist es aber bloß Folge deines Willen, so tust du
Unrecht; du bist ja unser Hirt und Oberhaupt und darfst nicht wegen eitler
Vergnügungen uns vernachlässigen, du wirst sonst dem Manne gleichen,
der ein Kamel erzogen und es zur Unzeit melken wollte, so dass es entfloh, und
er weder Kamel noch Milch hatte.
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