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Geschichte
der Katze mit der Maus
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 2 )
Man erzählt, o König! eine Katze ging einst in der Nacht auf Raub
aus, lief aber die ganze Nacht in den Wiesen umher, ohne etwas zu finden. Da es
heftig regnete und es sie sehr fror, suchte sie einen trocknen Zufluchtsort und
ging auf ein Loch zu, welches sie in der Wurzel eines Baumes bemerkte. Als sie
nahe daran war, roch sie eine Maus darin und kroch langsam an den Baum hin, um
sie zu fangen. Da aber die Maus die Nähe der Katze merkte, schleppte sie
schnell Erde herbei und verstopfte die Öffnung des Lochs. Die Katze miaute
gar jämmerlich und schrei: "Warum tust du dies, mein Freund? Ich
suche Zuflucht bei dir, erbarme dich meiner und lass mich diese Nacht in deiner
Höhle zubringen; ich bin alt, schwach und matt, kann mich nicht mehr
bewegen; ich laufe schon die ganze Nacht auf dem Felde herum, habe mir oft den
Tod gewünscht, um einmal meine Qualen los zu werden, und nun liege ich
hier vor deiner Türe, krank vor Nässe und Kälte; ich bitte dich
um Gottes willen, beherberge mich im Gange deiner Höhle, ich bin arm und
fremd; es heißt ja: Wer einen Fremden bei sich beherbergt, dem wird am
Gerichtstage das Paradies als Wohnung angewiesen." Als die Maus das Flehen
der Katze vernahm, sagte sie erschrocken: "Wie kann ich dir öffnen?
du bist doch mein natürlicher Feind und lebst nur von meinem Fleische; ich
fürchte deinen Verrat, du bist treulos von Natur, ich kann dir nicht
glauben, ich kann dir ebenso wenig mein Leben anvertrauen, als man eine
schöne Frau einem Wollüstling, einen Schatz einem Diebe, oder Holz
dem brennenden Feuer anvertraut; auch sagt man: Von einer natürlichen
Feindschaft, so schwach sie auch sein mag, ist doch starkes Übel zu
erwarten."
Die Katze antwortete hierauf mit demütiger, rührender Stimme:
"Was du sagst, mein Freund, ist wahr; ich leugne meine Sünden gar
nicht, doch Gott verzeihe mir und verzeihe auch du mir vergangene Schuld,
heißt es doch: Wer einem Geschöpfe Seinesgleichen verzeiht, dem
verzeiht auch Gott; ich war allerdings bisher dein Feind, doch nun suche ich
deine Freundschaft; sagt man nicht: Willst du deinen Feind in einen Freund
verwandeln, so erweise ihm Gutes, ich will nun eine festen Bund mit dir
schließen und dir versprechen, dass ich dir nie etwas zu Leide tun werde;
ohnedies habe ich gar keine Kraft mehr dazu. Nimm nur meine Freundschaft an,
vertraue auf Gott und versage mir deine Hilfe nicht!" Da sagte die Maus:
"Wie soll ich mit einem Treulosen einen Bund schließen? wie darf ich
das tun, da doch unsere Feindschaft und von Natur angeboren ist? Legte ich mich
in deine Gewalt, so wäre es gerade, als wenn Jemand die Hand in den Mund
einer Otter stecken wollte." Da sagte die listige Katze. "Mein Leben
erlischt in mir, bald werde ich vor deiner Türe sterben, und du wirst die
Schuld tragen, denn du hättest mich retten können; ich sage dir zum
letzten Male, wenn du mich einlassest, so werde ich dein wahrer Freund sein,
stets für dich beten, und der Himmel wird dich dafür belohnen."
Bei diesen Worten wurde die Maus von Gottesfurcht ergriffen und dachte bei
sich: Wer seinem Feinde Gutes erweist, dem steht Gott gegen ihn bei; ich will
nun im Vertrauen auf Gott dies Katze vom Untergange retten und mir dadurch
himmlischen Lohn erwerben. Sie trat dann zur Katze heraus und schleppte sie in
die Höhle; die Katze machte sich schwer und stellte sich tot, so dass es
der Maus sehr mühsam ward, sie auf ihr Lager zu bringen. Nachdem die Katze
ein wenig ausgeruht hatte, öffnete sie den Mund und klagte über
Schwäche und Mattigkeit. Die Maus bemitleidete sie und redete ihr Mut ein.
Die Katze aber kroch allmählich bis zur Öffnung der Höhle, um
der Maus den Ausgang zu versperren, dann sprang sie auf sie los und fasste sie
mit allen Vieren und biss sie; hierauf schleuderte sie sie in die Höhe und
lief ihr wieder nach. Die Maus rief Gotte Hilfe an und sagte zur Katze:
"Treuloser Freund, hältst du so den Bund, den wir geschlossen, und
den Eid, den du geschworen?
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