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Die
drei Polizeipräfekten
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 2 )
Ferner wird erzählt: Der König Nassir ließ einst den
Polizeipräfekten von Neu- und Alt- Kahirah und den von Bulak zu sich rufen
und sagte ihnen: "Ich wünschte von Jedem von euch zu vernehmen, was
ihm am wunderbarsten in der Verwaltung seines Amtes vorgekommen." Da
sprach der Polizeipräfekt von Kahirah: Wisse, o Herr, es waren in meiner
Stadt zwei Gerichtszeugen, die über Leben und Tod Zeugnis abzulegen
hatten, und von denen ich wusste, dass sie den Weibern, dem Trunk und andern
Schlechtigkeiten nachgingen, und doch konnte ich kein mittel finden, sie zu
ertappen und zu bestrafen; ich gab allen Weinhändlern,
Früchtehändlern, Wachskerzenverkäufern und Eigentümern
verworfener Häuser den Auftrag, mich zu benachrichtigen, wenn diese Leute
bei ihnen einkehrten, um etwas zu kaufen, was man zu Saufgelagen braucht oder
sonstige Schlechtigkeit zu begehen. Endlich kamen eines Nachts Leute zu mir,
die mir sagten: "Die Gerichtszeugen sind da und da, und geben sich
sündhaften Genüssen hin." Ich machte mich auf und ging ganz
allein an das Haus, das mir bezeichnet wurde, und klopfte an der Türe.
Eine Sklavin öffnete mir und fragte, wer ich sei? Aber ich antwortete
nicht, sondern ging gerade ins Haus und fand den Hausherren und die beiden
Gerichtszeugen beim Wein und neben Freudenmädchen sitzend. Als sie mich
sahen, standen sie auf, erwiesen mir viele Ehre, hießen mich obenan
sitzen und sagte ganz ohne Scheu: "Sei uns willkommen edler Gast!"
Dann stand der Hausherr auf, blieb eine Weile weg und kam wieder mit einem
Beutel, worin dreihundert Dinare waren, und sagte: "Wisse, o Emir! du
kannst uns freilich entehren und strafen, doch was gewinnst du dabei? Du machst
dir nur viele Mühe umsonst, nimm lieber diese Geld und verschone uns, Gott
heißt ja auch der Bedeckende, er liebt es, dass die Menschen Fehler
bedecken, und er wird dich für deine Gnade belohnen." Ich dachte bei
mir: Ich will diese Geld nehmen und ihnen diesmal noch verzeihen. So nahm ich
dann das Geld und ging fort, ohne von Jemanden bemerkt worden zu sein.
Auf einmal kam am andern Tage der Diener des Kadhi und sagte: "Der Kadhi
lässt dich bitten, zu ihm zu kommen." Als ich zum Kadhi kam, sah ich
die zwei Gerichtszeugen und den Hausherrn, der mir die dreihundert Dinare
gegeben. Dieser klagte mich beim Kadhi an, ich sei ihm dreihundert Dinare
schuldig, und da ich es wegen der Zeugen nicht leugnen konnte, musste ich die
dreihundert Dinare wieder herausgeben und zu spät bereute ich es, sie
geschont zu haben, beschloss aber, ihnen in Zukunft so viel wie möglich zu
schaden. Das ist das Wunderbarste, was mir begegnet. - Das Sonderbarste, was
mir, o Herr, in meinem Amte vorgekommen ist, sprach dann der
Polizeipräfekt von Bulak, ist folgendes: Ich war einst dreitausend Dinare
schuldig und wusste nicht, wie sie heimzahlen; ich verkaufte Alles, was ich
hatte, konnte aber nicht mehr als tausend Dinare zusammenbringen. Als ich so
des Nachts in düstere Gedanken vertieft dasaß, klopfte es an der
Türe. Ich sagte einem Diener, er möge doch sehen, wer an der
Türe ist, er ging und kam ganz blass und zitternd zurück und sagte:
"An der Türe steht ein halbnackter Mann, nur mit einer Haut bedeckt;
er hat ein Schwert in der Hand und ein Messer im Gürtel; ihn begleiten
einige Leute, die ebenso aussehen, wie er, und er wünscht dich zu
sprechen." Ich ergriff das Schwert, ging vor die Türe und sah
Männer, wie sie mir der Diener beschreiben hatte. Ich fragte sie wer sie
wären; sie antworteten: "Wir sind Diebe, haben heute Nacht eine
große Beute erlangt, die wir nun zu deiner Verfügung stellen, damit
du dir aus deiner Verlegenheit helfen mögest und deine Schulden damit
bezahlest." Ich sagte dann: "Wo ist denn das Geraubte?" Da
brachten sie eine große Kiste voll von goldenen und silbernen
Gefäßen. Ich freute mich sehr damit und dachte, damit kann ich meine
Schulden bezahlen und es bleibt mir noch eben so viel übrig.
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