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Der
wunderbare Reisesack
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 2 )
Man erzählt ferner: Als der Chalif Harun Arraschid eines Nachts sehr
übel gelaunt und missmutig war, ließ er seinen Vezier Djasar rufen
und sagte ihm: "Ich bin sehr verstimmt und fühle meine Brust so
beengt, such doch auf irgend eine Weise mir Zerstreuung zu verschaffen."
Djarsa sagte: "O Fürst der Gläubigen! ich habe einen Freund, der
Ali der Vezier heißt, der weiß sehr viele Märchen und
Geschichten." - "So hole ihn gleich her," sagte der Chalif.
Djasar schickte sogleich Jemanden, um Ali zu rufen. Er kam bald und
grüßte den Chalifen. Dieser hieß ihn sitzen und sagte ihm:
"Mein Brust ist diesen Abend so beklommen, dass ich dich rufen ließ,
weil ich hörte, du wissest so viele Märchen und Anekdoten;
erzähle mir nun etwas, das meinen Gram und meine düstern Gedanken
verscheuche."
Ali erwiderte: "Was wünschest du, o Fürst der Gläubigen zu
hören, um dich aufzuheitern? Soll ich etwas erzählen, was ich mit
eigenen Augen gesehen, oder etwas, das ich mit meinen Ohren gehört?"
Der Chalif antwortete: "Erzähle mir etwas, das du selbst gesehen. Da
begann Ali:
Wisse, o Fürst der Gläubigen! ich reiste einst mit einem Jungen von
Bagdad, meiner Vaterstadt, weg und hatte einen sehr hübschen Reisesack bei
mir. Während ich kaufte und verkaufte, kam ein wilder Kurde auf mich zu,
nahm mir meinen Reisesack weg und sagte: "Dieser Sack mit Allem, was darin
ist, gehört mir." Ich war ganz außer mir und rief alle
umstehenden Leute zu Hilfe. Die Leute sagten: "Geht mit einander zum
Kadhi." Wir gingen zum Kadhi. Der Kurde näherte sich ihm und sagte:
"Gott stärke unsern Herrn, den Kadhi! Ich habe diesen Sack, mit
Allem, was darin ist, verloren und eben wieder in der Hand dieses Mannes
gefunden."- "Wann hast du ihn verloren?" fragte ihn der Kadhi.
Der Kurde antwortete: "Erst gestern." - "Wenn du den Sack
kennst," versetzte der Kadhi, "so sage mir, was darin ist." Der
Kurde antwortete: "Im Sack sind zwei silberne Spiegelchen, Kohle für
das Auge, ein Tuch für die Hände, zwei Leuchter, zwei Schüsseln
und zwei Löffel, ein Kissen, zwei Matten, zwei Waschbecken mit Kannen, ein
Topf, ein Kamm, zwei Hündchen, ein Kuh, zwei Kälber, zwei Schafe, ein
Ziege, zwei Lämmer, zwei weiße Katzen, ein männliches und zwei
weibliche Kamele, ein Büffelochs, zwei stiere, ein Löwin, ein Wolf,
zwei Füchse, zwei Diwane und zwei Säle und eine Küche mit zwei
Türen, und viele Kurden, die bezeugen, dass dieser Sack mir
gehört." Als der Kurde vollendet hatte, fragte mich der Kadhi:
"Was sagst du dazu, Ali?" Ich näherte mich erstaunt über
die Rede des Kurden und sagte: "Gott verherrliche unsern Kadhi! In meinem
Sacke ist ein zerfallenes Häuschen mit einem Hundeställchen, ferner
eine Schule für Knaben, dann viele Soldaten mit ihren Zelten, die
Städte Kahirah und Bagdad und das Schloss Schadads, ein Fischernetz, ein
Stock, mehrere Pfeiler und viele Mädchen und Knaben, und tausend Meister,
welche bezeugen, dass dieser Sack mein Sack ist." als der Kurde dies
hörte, sagte er weinend und schluchzend: "O mein Herr Kadhi, der Sack
gehört mir, ich weiß Alles, was darin ist. Du findest darin
Schlösser und Zitadellen, Städte und Dörfer, Bären und
Löwen und allerlei wilde Tiere; ferner eine Stute und zwei junge Hengste,
zwei lange Lanzen und zwei Hasen, eine alte Frau und zwei Freudenmädchen,
zwei Obersten und zwei Gaukler, und einen Blinden und einen Lahmen, einen
Pfaffen und zwei Kirchendiener, und einen Patriarchen, einen Kadhi und zwei
Zeugen, welche bezeugen, dass der Sack mir gehört."
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