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Das allzeit
zufriedene Knäbchen
Märchen von Johann Wilhelm Wolf, Seite 1 ( von 1 )
Zwei Bauersleute hatten ein Kind und wie es denn in der Welt geht, wo nur eins
ist, da wird's verzogen. Die Eltern hatten aber kein Auge für die Fehler
des Bübchens und nannten es immer nur ihr allzeit zufriedenes Kind. Eines
Tages war eine Hochzeit im Ort, dazu waren die Bauersleute auch eingeladen und
da sie nirgendwo allein hingingen, so nahmen sie auch ihr allzeit zufriedenes
Kind mit. Als das Essen vorbei war, kamen Birnen, Nüsse und Anisgebackenes
auf den Tisch, von jedem hohe Teller voll. Die Gäste ließen es sich
wohl schmecken und der Bräutigam gab den Kindern von allem so viel wie sie
haben wollten, kam das allzeit zufriedene Kind, stellte sich neben den
Bräutigam und weinte bitterlich. Sogleich sprangen die Eltern von ihrer
Bank herbei, um zu sehen, was das sei. Der Bräutigam frug das
Knäbchen, was ihm fehle, aber es weinte immer bitterlicher und endlich
weinte seine Mutter mit und es verschlug kein Haar, dann hätte der Vater
auch geweint. Da frug der Bräutigam wieder: "Hast du denn
Hunger?" und das Kind schrie: "Ach ich bin ja schon satt."
"Das dachte ich mir, ach mein Kind ist ja immer so gern zufrieden",
schluchzte die Mutter. Der Bräutigam sprach: "Dann komm er, ich
stopfe dir die Hosentaschen voll Anisgebackenes," aber das Kind schrie
noch ärger: "Sie sind ja schon beide voll!" "Dachte ich
mir's nicht," schluchzte die Mutter, "unser Kind ist so gern
zufrieden, es muss ihm etwas andres fehlen." Der Bräutigam sprach:
"Dann gehe nach Hause, leere sie aus und komm wieder, dann bekommst du
mehr." Da schrie das Kind noch viel ärger: "Ich war ja schon
dreimal zu Hause." "Nein, das ist es auch noch nicht , unser Kind ist
so bald zufriedengestellt, Kindeshand ist bald gestillt, es muss ihm etwas
anders fehlen," schluchzte die Mutter und weinte bitterliche Tränen.
"Dann geh' nach Hause und komm noch einmal wieder," sprach der
Bräutigam; doch da schrie das Kind, wie verzweifelt: "Wenn ich wieder
komme, haben die Andern alles gegessen." "Wir heben dir Alles auf und
essen nichts mehr" sagte der Bräutigam und da lachte das Kind ihn an
und lief weg. Die Mutter rief aber: "Ach es ist doch rührend, wie
unser Kind ein allzeit zufriedenen Gemüt hat." "Ja das
weiß der Himmel," sprach der Vater, "so gibt's keines
mehr."
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