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Gioga's Sohn
Märchen der Shetlands-Inseln, Seite 1 ( von 1 )
Die Mannschaft eines Bootes landete einmal auf einer Bank, in der Absicht,
Seehunde zu jagen. - Sie hatte viel Glück, betäubte mehrere und
streifte, während sie wie gelähmt lagen, ihnen die Haut mit dem daran
klebenden Fell ab. Die toten Leichname ließ, man liegen und machte sich
auf, mit der Beute das Boot wieder zu besteigen und zu Papa Stour, wo man
hergekommen war, zurückzukehren. Als die Leute sich aber eben einschiffen
wollten, erhob sich ein solcher Sturm, dass sie wohl einsahen, sie dürften
keinen Augenblick verlieren; ein Jeder eilte daher so schnell wie möglich
in das Boot. Allen gelang es, nur Einem nicht, der unvorsichtiger Weise
zurückgeblieben war. - Seine Gefährten wollten ihn durchaus nicht
zurücklassen, da er leicht dort umkommen konnte; die Wellen gingen aber zu
hoch, dass es ihnen nach vielen vergeblichen Versuchen unmöglich war, das
Boot nahe zu bringen, und sie sich gezwungen sahen, abzufahren und den
unglücklichen Mann seinem Schicksal zu überlassen.
Eine dunkle stürmische Nacht erhob sich; die See schlug wütend an die
Felsen, und der arme verlassene Shetländer sah den gewissen Tod vor Augen,
denn Hunger oder Kälte mussten zuletzt seinem Leben ein Ende machen, wenn
ihn nicht früher die Brandung mit fortriss. Endlich bemerkte er, wie
mehrere von den Seehunden, die den Schiffern entschlüpft, sich der Bank
näherten. - Als sie landeten, streiften sie ihre Seehundkleider ab und
erschienen in ihrer wahren Gestalt, als See-Trows. - Ihr Erstes war, ihre
Freunde, die betäubt und abgehäutet da lagen, wieder zu sich zu
bringen. Diese nahmen, als es gelungen war, auch wieder ihre ursprüngliche
Gestalt an, und zeigten sich als Unterseeische. Aber in traurigen Tönen,
die der heulende Sturm wild begleitete, beklagten sie den Verlust ihrer
Seegewänder, der ihnen für immer verwehrte, nach ihrer Heimat in den
tiefen Fluten des atlantischen Ozeans zurückzukehren. - Hauptsächlich
trauerten sie um Ottaritinus, den Sohn der Gioga, der, seines Seehundfelles
beraubt, für immer auf der Oberwelt bleiben musste.
Ihr Gesang wurde zuletzt unterbrochen, als sie den unglücklichen Bootsmann
erblickten, der mit bebenden Gliedern und verzweifelten Blicken die
wütenden Wellen, die jetzt über die Bank schlugen, anschaute. - Kaum
gewahrte Gioga ihn, so machte sie augenblicklich den Plan, aus der
gefährlichen Lage des Mannes Nutzen für ihren Sohn zu ziehen. Sie
trat zu ihm, redete ihn freundlich an und versprach, ihn auf ihrem Rücken
über die See zu Papa Stour zurück zu tragen, unter der Bedingung,
dass er ihr ihres Sohnes Seehundfell beschaffte. Der Handel war bald
geschlossen. Gioga steckte sich in ihr seehundlich Kleid , aber den
Shetländer verließ fast der Mut, als er die wild brausende Flut
ansah, die er durchreiten sollte. - Er bat daher die alte Dame, ihm zu
erlauben, einige wenige Löcher in ihre Schultern zu schneiden, damit er
sich besser festhalten könne, indem er ihr die Hand zwischen Fell und
Fleisch steckte.
Gioga willigte aus mütterlicher Zärtlichkeit ein. - Nachdem der Mann
Alles in Ordnung gebracht hatte, stieg er auf, sie sprang augenblicklich in die
See, durchschnitt dieselbe mutig und setzte ihn wohlbehalten zu Awes Gio bei
Papa Stour an's Land. - Von dort ging er nach Skeo zu Hamma Voe, wo die Haut
war, und löste sein Versprechen auf eine ehrenvolle Art, indem er ihr das
Mittel verschaffte, ihren Sohn nach der Heimat zurückzubringen.
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