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Der
Schweinehirt
Märchen von Hans Christian Andersen, Seite 1 ( von 3 )
Es war einmal ein armer Prinz; er hatte ein Königreich, welches ganz klein
war, aber es war immer groß genug, um sich darauf zu verheiraten, und
verheiraten wollte er sich.
Nun war es freilich etwas keck von ihm. Dass er zur Tochter des Kaisers zu
sagen wagte: "Willst du mich haben?" Aber er wagte es doch, denn sein
Name war weit und breit berühmt; es gab hundert Prinzessinnen, die gern ja
gesagt hätten; aber ob sie es tat?
Nun wir wollen hören.
Auf dem Grabe des Vaters des Prinzen wuchs ein Rosenstrauch ein herrlicher
Rosenstrauch; der blühte nur jedes fünfte Jahr und trug dann auch nur
eine einzige Blume, aber das war eine Rose, die duftete so süß, dass
man alle seine Sorgen und seinen Kummer vergaß, wenn man daran roch. Der
Prinz hatte auch eine Nachtigall, die konnte singen, als ob alle schönen
Melodien in ihrer Kehle säßen. Diese Rose und die Nachtigall sollte
die Prinzessin haben, und deshalb wurden sie beide in große silberne
Behälter gesetzt und ihr so zugesandt.
Der Kaiser ließ sie vor sich her in den großen Saal tragen, wo die
Prinzessin war und "Es kommen Fremde" mit ihren Hofdamen spielte; als
sie die großen Behälter mit den Geschenken darin erblickte,
klatschte sie vor Freude in die Hände.
"Wenn es doch eine kleine Miezekatze wäre!" sagte sie, aber da
kam der Rosenstrauch mit der herrlichen Rose hervor.
"Wie niedlich sie gemacht ist!" sagten alle Hofdamen. "Sie ist
mehr als niedlich", sagte der Kaiser, "sie ist schön!" Aber
die Prinzessin befühlte sie, und da war sie nahe daran, zu weinen.
"Pfui, Papa!" sagte sie; "sie ist nicht künstlich, sie ist
natürlich!" "Pfui, sagte alle Hofdamen, "sie ist
natürlich!"
"Lasst uns nun erst sehen, was in dem andern Behälter ist, ehe wir
böse werden!" meinte der Kaiser, und da kam die Nachtigall heraus,
die so schön sang, dass man nicht gleich etwas Böses gegen sie
hervorbringen konnte.
"Superbe! Charmant!" sagte die Hofdamen, denn sie plauderten alle
französisch, eine immer ärger als die andere.
"Wie der Vogel mich an die Spieldose der seligen Kaiserin erinnert!"
sagte ein alter Kavalier; "ach ja, das ist derselbe Ton, derselbe
Vortrag!"
"Ja!" sagte der Kaiser, und dann weinte er wie ein kleines Kind.
"Es wird doch hoffentlich kein natürlicher sein?" sagte die
Prinzessin. "Ja, es ist ein natürlicher Vogel!" sagten die,
welche ihn gebracht hatten.
"So lass den Vogel fliegen", sagte die Prinzessin, und sie wollte
nicht gestatten, dass der Prinz komme.
Aber dieser ließ sich nicht einschüchtern. Er bemalte sich das
Antlitz mit Braun und Schwarz, drückte die Mütze tief über den
Kopf und klopfte an.
"Guten Tag, Kaiser!" sagte er. "Könnte ich nicht hier auf
dem Schlosse einen Dienst bekommen?"
"Ja wohl!" sagte der Kaiser. "Ich brauche Jemand der die
Schweine hüten kann, denn deren haben wir viele!"
So wurde der Prinz angesellt als kaiserlicher Schweinehirt. Er bekam eine
jämmerlich kleine Kammer unten bei den Schweinen und da musste er bleiben;
aber den ganzen Tag saß er und arbeitete, und als es Abend war, hatte er
einen niedlichen kleinen Topf gemacht; rings um denselben waren Schellen, und
sobald der Topf kochte, klingelten sie schön und spielten die alte
Melodie:
Ach, du lieber Augustin,
Alles ist weg, weg, weg!
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