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Mutawakkel
und Mahbubah
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 1 )
Unter Anderem wird noch erzählt. Unter den vielen Sklavinnen des
Mutawakkel - er hatte deren viertausend von allen Nationen: Griechinnen,
Abessinierinnen, Araberinnen etc. - war eine aus Bassrah, die ihm Obeid Jbn
Taher mit vierhundert andern Schwarzen und Weißen zum Geschenk gemacht
hatte. Sie hieß Mahbubah, war ausgezeichnet schön und
liebenswürdig, hatte eine herrliche Stimme und viel Fertigkeit im
Lautenspiel, schrieb sehr schön und war auch Dichterin. Mutawakkel war so
für sie eingenommen, dass er sich keine Stunde von ihr Trennen konnte. als
sie die starke Neigung des Chalifen zu ihr bemerkte, ward sie kühn und
aufbrausend und erzürnte einst Mutawakkel so sehr, dass er sie von sich
stieß und allen Bewohnern des Schlosses verbot, mit ihr zu sprechen. Aber
nach kurzer Zeit sehnte sich der Chalif wieder sehr nach ihr, und eines Morgens
sagte er einem seiner Gesellschafter: "Ich habe diese Nacht geträumt,
ich wäre wieder mit Mahbubah versöhnt." Der Mann erwiderte:
"Ich hoffe von dem erhabenen Gott, dass dieser Traum sich
verwirkliche." Während dieses Gesprächs kam eine Dienerin und
sagte Mutawakkel Etwas in's Ohr. Er stand sogleich auf und ging in seinen
Harem.
Die Dienerin hatte dem Chalifen nämlich gesagt: Mahbubah singe und spiele
auf der Laute: ob er nicht hören wolle, was dieser Gesang zu bedeuten
habe. Mutawakkel näherte sich ihrer Türe und hörte, wie sie
folgende Verse sang:
"Ich gehe im Schlosse umher und Niemand redet mich an, kein Ohr vernimmt
meine Klagen, als hätte ich ein Verbrechen begangen, das keine Buße
wieder gut machen kann; o wollte doch Jemand bei dem König für mich
sprechen, der mich im Träume besucht und mir verziehen hat; schon leuchtet
ja der Morgen wieder, und noch bin ich von ihm verstoßen."
Als Mutawakkel diese Verse hörte, war er sehr erstaunt über diese
sonderbare Übereinstimmung ihrer Träume. er ging in Mahbubah's
Gemach, die sogleich aufstand, sich ihm zu Füßen warf, seine
Füße küsste und ihm sagte: "Ich habe dich heute Nacht im
Träume gesehen und daher beim Erwachen die Verse gedichtet, die du eben
gehört." Mutawakkel erzählte ihr auch seinen Traum,
versöhnte sich mit ihr und brachte sieben Tage mit den Nächten bei
ihr zu. Mahbubah liebte ihn so sehr, dass sie seinen Namen auf ihre Wangen
eingrub, und als er starb, blieb sie allein von allen Sklavinnen
untröstlich bis zu ihrem Tode. Sie wurde neben ihm begraben. Gottes
Erbarmen sei mit ihnen Allen!
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