|
Ibn
Alpharebi und Masrur
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 1 )
Man erzählt noch: Harun Arraschid war eines Nachts sehr missmutig. Er
ließ seinen Vezier Djasar, den Barmekiden, rufen, und sagte ihm:
"Ich kann nicht einschlafen vor Beklemmung und weiß gar nicht, was
ich anfangen soll. Masrur, der dabei stand, als Harun Arraschid dies sagte,
fing laut zu lachen an. Da fragte ihn der Chalif: "Warum lachst du?
Spottest du meiner?" Masrur antwortete: "Nein, bei Gott und deiner
Verwandtschaft mit dem höchsten Propheten! ich lachte nicht über
dich, sondern mir fiel ein Mann ein, den ich gestern, als ich ausging, am Ufer
des Tigris von vielen Menschen umgeben sah, die er durch seine spaßigen
und witzigen Einfälle lachen machte; drum verzeihe, o Fürst der
Gläubigen!" Harun Arraschid sagte: "Hole mir sogleich diesen
Mann!" Masrur eilte zu ihm - er hieß Ibn Alpharebi - und sagte ihm:
"Der Fürst der Gläubigen wünscht dich zu sprechen, ich will
dich zu ihm führen, jedoch unter der Bedingung, dass, wenn er dir Etwas
schenkt, du nur einen Viertel davon behältst und das Übrige mir
gibst." Ibn Alpharebi erwiderte: "Das nicht; aber ich will das
Geschenk mit dir teilen." Nach langem Streite kamen sie endlich dahin
überein, dass Ibn Alpharebi ein Drittel behalten und Masrur zwei Drittel
geben sollte. Als Ibn Alpharebi vor dem Fürsten der Gläubigen
erschien, sagte ihm dieser: "Wenn du mich durch deine Späße
lachen machst, so werde ich dich beschenken, wenn nicht, so sollst du drei
Schläge mit dieser ledernen Tasche erhalten." Ibn Alpharebi, welcher
glaubte, die Tasche sei leer, willigte ein, machte allerlei Späße
und sagte Dinge, worüber der härteste Felsen hätte lachen
müssen, aber alle seine Mühe war vergebens, Harun Arraschid war zu
keinem Lächeln zu bringen, und er sagte zu Ibn Alpharebi: "Nun hast
du deine Schläge verdient." Man holte die lederne Tasche herbei, in
welcher vier Steine waren, die zwei Pfund wogen, und als er den ersten Hieb auf
seinem Rücken empfing, schrie er jämmerlich und erinnerte sich des
Vertrags, den er mit Masrur geschlossen, und sagte: "Verzeihe, Fürst
der Gläubigen! erlaube mir zwei Worte zu sprechen. Harun Arraschid fragte
ihn, was er zu sagen habe. Er erwiderte: "Ich bin mit Masrur
übereingekommen, dass ich ihm zwei Drittel der Gaben des Fürsten der
Gläubigen überlassen und nur ein Drittel für mich behalten
wollte, und zwar kostet es mich noch viele Mühe, bis er mir das Drittel
zugestand; nun ist der eine Hieb genug für mich, die andern beiden kommen
ihm zu, hier steht er, lasst ihn seinen Anteil nehmen!" Der Fürst der
Gläubigen lachte und ließ Masrur prügeln. Als dieser einen
Schlag empfing, sagte er: "Ich habe genug, ich überlasse ihn Ibn
Alpharebi zwei Drittel." Der Chalif lachte wieder, ließ tausend
Dinare holen und schenkte Jedem von ihnen fünfhundert. Beide gingen dann
erfreut mit dem Geschenke des Chalifen fort.
|
|