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Die
Pyramiden
Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 1 )
Man erzählt auch: Als Mamun, der Sohn Harun Arraschid, einst nach Kahirah
kam, beschloss er, die Pyramiden zu besuchen, um die darin verborgenen
Schätze zu nehmen. Als er dahin gelangte, wollte er sie umreißen
lassen, konnte aber nicht. Nach vielen Anstrengungen und
außerordentlichen Kosten gelang es ihm endlich, in einer derselben ein
kleines Fensterchen ausgraben zu lassen, und man behauptet, er habe hinter
diesem Fensterchen gerade soviel Geld gefunden, als er ausgegeben, nicht mehr
und nicht weniger. Mamun war sehr erstaunt über diesen Fund, nahm das Geld
fort und gab seinen Vorsatz auf. Diese drei Pyramiden gehören zu den
Wundern der Welt; man findet ihresgleichen auf der ganzen Erde nicht, so fest
und unerschütterlich sind sie gebaut und dabei so hoch. Sie sind aus
großen Steinen zusammengesetzt, die an den beiden Enden durchlöchert
sind. Durch diese Löcher wurden eiserne Stangen gezogen und durch
heißes Blei befestigt, und so wurde das ganz Gebäude
zusammengehalten, das hundert mekkanische Ellen oder fünfhundert
gewöhnliche Ellen hoch ist. Die Alten behaupten, in der westlichen
Pyramide seien dreißig Schatzkammern voll von den feinsten Edelsteinen,
Geld, wunderbaren Statuen, allerlei Instrumenten und feinen Waffen, mit dem
Wasser der Weisen bestrichen, das sie vor Rost bewahrt bis zum Tage der
Auferstehung; auch findet sich darin allerlei Glaswerk, das man biegen kann,
ohne das es zerbricht, und allerlei künstlich zusammengesetzte Arzneien.
In der zweiten Pyramide finden sich die Sagen der Priester auf Tafeln gegraben;
jeder Priester hat eine Tafel in der Hand, auf der seine Wunderwerke
geschrieben sind. An den Wänden sind Statuen wie Götzen, die allerlei
Handarbeit verrichten, und über jede Pyramide ist ein Schatzkämmerer
und ein Wächter gesetzt, die sie bis auf ewige Zeiten bewachen. Sehr
schön sind folgende Verse eines Dichters über die Pyramiden:
"Betrachte die Pyramiden und lasse dich von ihnen belehren über die
Täuschung der Zeit. Könnten sie sprechen, sie würden dir sagen,
wie die Zeit mit den Frühern und Spätern verfahren."
Ein anderer Dichter sagt sehr passend:
"Kein Gebäude unter dem Himmel gleicht an Festigkeit den Pyramiden
Ägyptens, sie flößen der Zeit Ehrfurcht ein, während sonst
Alles auf der Welt sich vor der Zeit fürchtet."
Ferner sagt ein Dichter:
"O ihr, die ihr das Vergängliche zur Stütze wählet, wo sind
die Erbauer der Pyramiden? Noch lebt ihr Werk lebendig fort, während sie
selbst schon längst zu Nichts geworden."
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